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Artikel
1997
11434 COLOR FOTO-Leser haben entschieden:
Die beste Kamera 1989
Das Resümee der großen COLOR FOTO-Leserwahl lautet: Autofokus an der Spitze
Die zweite COLOR FOTO-Leserwahl unter dem Motto "Wählen Sie die beste Kamera" sorgte für einige Überraschungen. In erster Linie ist das hervorragende Abschneiden von Autofokus-Spiegelreflexkameras im Vergleich zum Vorjahr zu registrieren. Dank der Spitzenkameras Canon EOS-1 und Nikon F4 ist der neuen Kameratechnologie erstmals der Durchbruch zur Spitze in der Gunst unserer Leser gelungen. Eins blieb bei der Wahl 1989 allerdings unangetastet: Die Vormachtstellung von Nikon in drei Kategorien.
Es ist gelungen, die Streitfrage des Pro oder Contra Autofokus, die schon ganze Leserbriefspalten in COLOR FOTO füllte, zu beenden. Die beiden Kameraneuerscheinungen des letzten Jahres, Canon EOS-1 und Nikon F4, erhielten so viele Sympathiebekundungen in Form von Leserstimmen, daß das Wahlergebnis der Leseraktion "Wählen Sie die beste Kamera 1989" zugunsten von Autofokus ausfiel. Noch im letzten Jahr erhielten die Vertreter der automatischen Scharfeinstellung eine klare Absage unserer Leser. Offenbar war das bisherige Angebot von Autofokus-Spiegelreflexkameras nicht attraktiv genug, um den etablierten Klassikern mit Namen Nikon F3 und Leica M 6 Paroli zu bieten. Jetzt folgen die beiden konventionellen Kameras auf Rang drei und vier in der Wertung "Die beste Kamera überhaupt".
DIE BESTE KAMERA
Was ist der Grund für diese Wende? Erstmals gelang es der japanischen Kameraindustrie, zwei Autofokuskameras der Profiklasse zu lancieren - mit allen Ausstattungsmerkmalen, die heutzutage technisch machbar sind. Gerade die Nikon F4, die fast dreimal soviel Stimmen auf sich vereinigen konnte wie der direkte Konkurrent Canon EOS-1, gilt beim Gros des wählenden Spiegelreflex-Publikums als Superlativ schlechthin. Kein Wunder, daß die Wahl dieser Kamera zur Siegerin viel eindeutiger ausfiel als beim letztjährigen Favoriten Nikon F3. Diese Kamera konnte sich nur mit einem Plus von 1,1 Prozentpunkten gegenüber der Leica M 6 durchsetzen. Wie sehr die Nikon F4 unsere Leser in ihren Bann zu ziehen vermochte, beweist auch die hohe absolute Stimmenzahl. Für die F4 votierten 36,6 Prozent unserer Leser, im Vorjahr waren es für die F3 nur 10,5 Prozent. Auf Canon EOS-1 und Nikon F4 fielen insgesamt 49,6 Prozent der Leserstimmen, für den großen Rest der insgesamt 132 übrigen Kameramodelle blieb da nicht mehr viel übrig, wobei die große Fraktion der Autofokus-Sucherkameras in der Gunst der Leser von vornherein kaum Chancen hatte, bei der wichtigsten Wertung "Die beste Kamera überhaupt" mitzumischen.
Kein Mittelformat unter den Besten
Im Mittelpunkt des Leserinteresses standen eindeutig die Kleinbild-Spiegelreflexkameras. Selbst das bestplazierte Mittelformat-Modell, die Rolleiflex 6008, landete auf Platz 9. Eine kühne These zum Autofokus-Erfolg sollte zu denken geben: Wären nicht zwei völlig neue Kameras dieser Spezies auf den Markt gekommen, so wäre dem Prinzip der automatischen Scharfeinstellung kaum der Durchbruch gelungen. Nur sie vermochten die Ansichten unserer Leser grundlegend zu ändern. Mehr als ein Achtungserfolg gelang Leica: Die deutsche Marke ist mit ihren drei Modellen unter den ersten acht sehr gut repräsentiert.
DIE BESTE AF-SPIEGELREFLEXKAMERA
Auch in der Kategorie "Die beste Autofokus-Spiegelreflexkamera" heimsten Nikon F4 und Canon EOS-1 den Löwenanteil der Stimmen ein. Hier fiel der Abstand der F4 mit 36,2 Prozent noch deutlicher aus als bei der Wahl zur besten Kamera überhaupt, dort betrug er nämlich "nur" 23,6 Prozent. Die Stimmendifferenz zwischen den nächstplazierten Kameras, Nikon F-801 AF und Minolta Dynax 7000i, schrumpfte auf 0,5 Prozent, während es der Nikon im Vorjahr gelang, sich mit 18,7 Prozent Unterschied deutlich von der Minolta abzusetzen. Der Canon EOS 600, ebenfalls ein neues Modell der stückzahlintensiven Autofokus-Mittelklasse, war es nicht vergönnt, den Anschluß an die Konkurrenz zu halten. Mit nur 2,2 Prozent der Stimmen konnte sie ihre Position nur mühsam gegen die Minolta 9000 AF verteidigen. Die weitverbreiteten EOS-Modelle 620 und 650 landeten auf den Plätzen 30 und 36.
DIE BESTE MF-SPIEGELREFLEXKAMERA
Erstaunlicherweise ging es innerhalb der Kategorie "Die beste MF-(Manual-Focus)-Spiegelreflexkamera" im Vergleich zum Vorjahresergebnis sehr turbulent zu, obwohl in dieser technisch stagnierenden Sparte Neuheiten mittlerweile zu den Raritäten zählen. Einzig die Leica R 6 vermochte sich als Neuheit zu etablieren. Außerdem gelang der Nikon FM2 auf Kosten der Pentax LX der Sprung unter die acht Bestplazierten. Wie im Vorjahr machte die Nikon F3 das Rennen, die Canon T 90 schob sich vor die Leica R 5 auf den zweiten Platz. Die Contax 167 konnte ihren vierten Platz nicht verteidigen, sie kam auf Platz acht. Leica R 5 und R 6 zusammengenommen erreichten immerhin 21,6 Prozent, ein Beweis dafür, daß Modellvielfalt innerhalb der gleichen Kategorie die Anhängerschaft splittet und sich negativ auf die Platzverteilung auswirken kann. Zu den Verlierern zählt auch die Rolleiflex 3003 sie mußte nach dem Urteil unserer Leser mit Platz zehn vorliebnehmen. Die Plätze sechs bis acht liegen so dichtgedrängt zusammen, daß nur die erste Stelle hinter dem Komma die Reihenfolge entscheidet. Canon T 90 und F-1 bilden eine nennenswerte Fraktion in dieser Kategorie, ein Beweis dafür, daß das FD-System immer noch viele Anhänger hat. Mit 14,6 Prozent stellten die Besitzer von Minolta-Kameras nach Nikon- und Canon-Eignern die drittgrößte Gruppe unter den Einsendern. Bei Minolta-Besitzern beliebt: Nikon F3 Dennoch läßt sich unter den ersten acht der Manual-Focus-Kameras keine Minolta finden. Sogar Minolta-Besitzer wählten in der MF-Kategorie hauptsächlich Nikon F3 (21 Prozent), während sich nur 17,9 Prozent für die X-700 entscheiden konnten, bei der es noch zum neunten Platz reichte.
DIE BESTE MITTELFROMAT-SLR-KAMERA
Mehr Mut zu moderner Technik bewiesen die COLOR FOTO-Leser auch in der Einzelwertung der Mittelformat-Spiegelreflexkameras. Hier fand ebenfalls eine Wachablösung an der Spitze statt, wenngleich sie sich nicht so spektakulär ausnimmt wie der Autofokus-Sieg in der Gesamtwertung. Die Rolleiflex 6008 schaffte es, sich als Gewinner deutlich von der im Vorjahr favorisierten Hasselblad 500 C/M abzusetzen. Fast zehn Prozent Unterschied sorgten für einen deutlichen Abstand zu der schwedischen Kamera. Das gesamte Mittelformat-Leservotum ist von einer starken Polarisierung zwischen Hasselblad und Rollei geprägt. Berücksichtigt man die Modellvielfalt des exklusiven Herstellers aus Göteborg, reichte es sogar für eine Markensieg für Hasselblad unter den ersten acht. Rollei brachte es mit 6008 und SL 66 SE auf exakt 30 Prozent der Leserstimmen, Hasselblad erreichte mit vier Kameras sogar 33,6 Prozent.
Mehr Technikbewußtsein unter den Lesern verbesserte auch den Rang der multifunktionalen Fuji GX 680, die trotz des relativ geringen Bekanntheitsgrads der Marke im Mittelformat den vierten Platz erklomm. Besitzer von Leica- und Contax-Kameras fühlten sich übrigens besonders stark zur Rolleiflex 6008 hingezogen.
DIE BESTE MF-SUCHERKAMERA
Unangefochten an der Spitze: Leica M 6
Besonderes Kopfzerbrechen bereitete die Gruppe der Sucherkameras der Redaktion. Während bei der Wahl der besten Kamera 1988 der Begriff "Spezialkameras' benutzt wurde, um Bridge-Sonderfälle zu kanalisieren und vor der Flut preiswerter Autofokus-Kompaktkameras zu schätzen, gelang diesmal eine bedeutend elegantere Lösung des Problems, die von unseren Lesern voll akzeptiert wurde. Analog zu den Spiegelreflexkameras wurden nun auch die Sucherkameras in zwei Kategorien eingeteilt, die von der Art der Fokussierung bestimmt werden, nämlich Manual-Focus- und Autofokus-Sucherkameras. Bei beiden mußte allerdings ein unteres Preislimit von 300 Mark als Trennung dienen. Obwohl die Leica M 6 bei den Sucherkameras immerhin mit Modellen wie Mamiya 6 und Nikonos V konkurriert, gelang ihr mit einem Stimmenanteil von 68,8 Prozent erneut ein Sieg. So eindeutig fiel kein Leserbekenntnis zu irgendeiner anderen Kamera aus. Damit hat sie 60 Punkte Vorsprung vor der Mittelformat-Meßsucherkamera Mamiya 6, der es auf Anhieb gelang, sich auf dem zweiten Platz zu etablieren. Auf Rang drei folgt die Unterwasserkamera Nikonos, der die Pentax-Fotografen mehr Sympathie entgegenbrachten als die Nikon-Besitzer. Favorit war bei allen gleichermaßen die Leica. Drei Minox-Modelle belegen hintereinander Platz vier bis sechs. Hätte nur eine Minox 35 zur Diskussion gestanden, wäre ihr mit 9,6 Prozent der zweite Platz sicher gewesen. Hier ließ sich wieder der Effekt beobachten, daß zu viele Parallelmodelle in einer Kategorie zu Lasten des Ergebnisses gehen, genau wie bei Leica in der Sparte MF-Spiegelreflexkameras und bei Hasselblad in der Teildisziplin Mittelformat.
DIE BESTE AF-SUCHERKAMERA
Die schwierigste Entscheidung rangen wir unseren Lesern bei der Wahl der besten Autofokus-Sucherkamera ab. Hier kam nur zwischen den beiden Spitzenreitern ein eindeutiges Ergebnis zustande. Leica sicherte sich mit der neuen Autofokus-Sucherkamera AF-C1 auf Anhieb den Spitzenplatz in der Klasse. Das ist um so erstaunlicher, als sich viele unserer Leser zunächst mit dem Minolta-Ableger unter dem renommierten deutschen Dach schwertaten. Offenbar wird die AF-C1 als echte Leica akzeptiert - das Experiment aus Solms ist geglückt. Obwohl technisch anspruchsvoller und mit einem Zoomobjektiv ausgestattet, erreichte die originelle Olympus AZ-300 nur den zweiten Platz. Sie verfehlte den Sieg lediglich um 2,4 Prozent. Auf den folgenden Rängen gibt es ein dichtes Gedränge. Differenzen von 0,2 oder 0,3 Prozentpunkten lassen keinen Spielraum für Interpretationen. Die Markenidentifikation ist bei Leica-Besitzern am höchsten, gefolgt von Nikon-, Contax- und Minolta-Anhängern. Bei den Mittelformatkameras wichen Leica- und Nikon-Fans fast zu gleichen Teilen auf die Spitzenmarken Hasselblad und Rollei aus, weil die eigenen Marken im Mittelformat nicht präsent waren. Offenbar haben sie einen starken Hang zu Prestigemarken. Nikon-Fotografen wählten in der Kategorie der manuellen Sucherkameras mit Abstand die Leica M 6 (70,9 Prozent) vor der Nikonos V (8,1 Prozent) aus gleichem Hause. Markensolidarität wird also gern vernachlässigt, wenn das hochwertigere Produkt lockt. Kamera-Novitäten wie Canon EOS-1, Nikon F4 und Rolleiflex 6008 sorgten für Bewegung und Dynamik im Wahlergebnis. Erstmals lagen Autofokus-Modelle mit Riesenabstand vorn bei der Wahl zur besten Kamera überhaupt. Dies weist auf einen Bewußtseinswandel hin, der nicht zuletzt durch die beiden neuen Autofokus-Modelle von Canon und Nikon initiiert wurde. Fortschrittliche Technik spielte eine größere Rolle als im Vorjahr. Im Mittelformat gelang es der Rollei 6008, die Hasselblad 500 C/M zu überflügeln. Außer in der Kategorie Autofokus-Sucherkameras fielen die Wahlergebnisse eindeutiger aus als im Vorjahr. Große Punktabstände sorgten für eine klare Abgrenzung der Sieger. Kritische Stimmen, die uns ein fast deckungsgleiches Ergebnis wie im letzten Jahr prophezeiten, dürften nun verstummt sein. Auch auf den einzelnen Rängen gab es recht viel Bewegung. Trotzdem zeigte sich eine Gemeinsamkeit. Nikon fährt wiederum den Gesamtsieg nebst zwei ersten Plätzen in den Kleinbild-Spiegelreflex-Kategorien ein, wobei das Zugpferd diesmal F4 heißt. Leica beherrscht souverän die Sucherdisziplin - das Ergebnis sind zwei Einzelsiege. Rollei schließlich erntet im Mittelformat Lorbeer für fortschrittliche Technik.
DIE VERLIERER
Kameras, die im Vergleich zum Vorjahr in der Lesergunst zurückfielen
Bei der Wahl der besten Kameras gibt es naturgemäß auch Verlierer. Dies drückt sich nicht nur in den absoluten Prozentzahlen aus, denn in dem Fall wären 90 der 134 vorgestellten Kameras Verlierer, sondern vor allem im Vergleich zu den Vorjahresergebnissen. Es folgt eine Analyse der Besiegten.
Grundsätzlich sind die Verlierer der diesjährigen Wahl der besten Kamera im Lager der konventionellen Spiegelreflexkameras zu suchen. Dadurch, daß sich die Nikon F4 und die Canon EOS-1 auf Platz eins und zwei schoben, blieben die beiden Hasselblad-Modelle 500 C/M und 2000 FCW auf der Strecke. Damit ist das Mittelformat nicht mehr unter den ersten acht der Besten repräsentiert. Auch die Konkurrenz im eigenen Hause führte zu Veränderungen an der Spitze.
Lag die Nikon F-801 AF bei den besten Kameras 1988 noch auf Platz vier, so erwies sich die Übermacht der großen Schwester F4 als so erdrückend, daß es nunmehr nur noch zu Platz 10 reichte. Der gleiche Effekt stellte sich bei der Canon T90 ein, die von der EOS-1 um drei Plätze nach hinten verdrängt wurde.
In der Kategorie MF-Spiegelreflexkameras fällt die Rolleiflex 3003 von Platz acht auf Platz zehn. Besonders hart traf es die Contax 167. Im Vorjahr noch auf Platz vier, fiel sie auf den letzten Platz im Schaubild zurück. Die Pentax LX schaffte es diesmal nicht, in die Spitzengruppe der ersten acht vorzudringen.
Der Verlierer im Mittelformat heißt nach Meinung unserer Leser Hasselblad. In der Einzelwertung schob sich die Rolleiflex 6008 mit einem Vorsprung von 9,7 Prozent gegenüber der 500 C/M aus Schweden auf den ersten Platz. Allerdings leidet die nordische Marke unter ihrer großen Zahl von Modellvarianten. Zählt man sie zusammen, sprechen sich unsere Leser wieder für die Hasselblad aus.
Minox verlor bei den Sucherkameras zwar den zweiten Platz, war aber insgesamt in der Kategorie der Manual-Fokus-Sucherkameras recht erfolgreich. Bei den Autofokus-Sucherkameras konnte sich die Olympus AZ-300 trotz ihrer aufwendigen Technik nicht als Siegerin etablieren, obwohl sie die vielseitigste Kamera dieser Klasse ist. Das macht die Olympus AZ-300 bei allem Erfolg und trotz eines guten zweiten Platzes nach Einschätzung unserer Leser zum Verlierer. Daß weniger in den Augen unserer Leser mehr ist, zeigt die Entscheidung für die wirklich noch kompakte Leica AF-C1.
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