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Artikel

1997

Sammlerkamera des Monats

Von Uhrmachern gebaut: 

Alpa 11 si Swiss made 

Eine Kamera aus der Schweiz hat Seltenheitswert. Für das Handgelenk konstruierten die Eidgenossen die berühmte Tessina, eine feinmechanische Synthese aus Uhr und Kamera. Vom Uhrenhersteller Jaeger-LeCoultre gab es eine skurrile Kombination von Kamera und Kompaß. Wie eine ganz normale Kamera sieht dagegen das Spiegelreflexmodell Alpa 11 si aus. Doch der Schein trügt.

Auf Feinmechanik verstehen die Schweizer sich. Aus der Not ihres rohstoffarmen und gebirgigen Landes machten sie vor rund zweihundert Jahren eine Tugend und bauten eine weltberühmte Uhren- und feinmechanische Industrie auf. Kameras vermochten sie indes weit weniger zu faszinieren und wenn schon, dann mußten es bewegte Bilder sein. So brachte es einzig der Filmkamerahersteller Paillard-Bolca zu Weltruhm, während nur wenige Modelle der Spiegelreflexkamera Alpa den Schweizer Jura verließen.
Höchste Präzision und sehr geringe Stückzahlen machen aus der Alpa 11 si die exklusivste und teuerste Kleinbild-Spiegelreflexkamera der Welt. Anders als die Prestigemarken Rolex oder Rolls-Royce ist die Alpa kaum bekamt. Ihr Besitzer somit sich im perfektesten Understatement, das zumindest auf dem Kamerasektor denkbar ist. Gerade die mit mattschwarzem Schrumpflack überzogene Version der Alpa 11 si besitzt auf den ersten Blick den herben, anachronistischen Charme einer russischen Zenit für 200 Mark. Auch in der Technik pflegt
die Alpa vornehme Zurückhaltung. Daß sie als Repräsentantin eidgenössischer Technik auf konservative Mechanik in Verbindung mit einem Nachführ-Belichtungsmeßsystem setzt, wundert dabei nicht, trägt vielmehr zum besonderen Reiz dieser Kamera bei. Filmtransport, Verschlußaufzug und auch das Auslösen vermitteln eine Geschmeidigkeit und Kultiviertheit, wie sie nur von kugelgelagerter Mechanik realisiert werden kann.
Die Alpa wäre keine Alpa, wenn sie nicht in einigen Punkten Extravaganz beweisen würde. So erfolgt der gewöhnungsbedürftige Schnellaufzug in umgekehrter Richtung als bei normalen Spiegelreflexkameras. Der Auslöser sitzt, ähnlich wie bei einigen alten M-42-Kameras, an der Frontseite und betätigt direkt die immerhin automatische - Springblende. Auch die Rückspulkurbel erfuhr eine höchst originelle Gestaltung; ein ungewöhnlich langer Hebel spart hier Kraftaufwand.
Einzig das Kürzel .,si'` signalisiert dem kundigen Betrachter einen Tribut an die Moderne. Die Kamera ist mit zwei schnell reagierenden Silizium-Fotodioden für die TTL-lnnenmessung ausgestattet. Dem Belichtungsmeßsystem haben die Alpa-Konstrukteure aus Ballaigues ihre ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Um durch das Sucherrokular einfallendes Fremdlicht zu kompensieren. Setzten sie sogar noch eine Cadmiumsulfit-Zelle ein. Bemerkenswert ist auch der weit gesteckte Filmempfindlichkeitsbereich. Er erstreckt sich von ISO 3/1xGRADx bis ISO 6400/39xGRADx.
Fortschritt signalisiert ein Blick durch den Sucher. Drei Leuchtdioden ermöglichen den Belichtungsabgleich mit einem Unterschied von jeweils einer viertel Blendenstufe. Nicht minder eigenartig als die Kamera wirkt das Standardobjektiv zur Alpa. Das Kern-Macro-Switar läßt sich bereits ab 17,5 Zentimeter Aufnahmeabstand scharf stellen, es ist Makro- und Universalobjektiv in einem.
In ihrer letzten si-Version gibt es die Alpa seit 1976. Weil die Kamera heute nur noch als Einzelstück auf Bestellung für rund 7000 Mark ausgeliefert wird, lohnt sich ein Nachforschen auf dem Gebrauchtmarkt, wo sie in sehr gutem Zustand für 3000 bis 3500 Mark zu haben ist. Alpa machte übrigens in den fünfziger Jahren erstmals durch eine patentierte Rarität von sich reden. Die Alpa Reflex III war eine Kombination von Meßsucher- und Spiegelreflexkamera, ein Prinzip, das der Hersteller Pignons bis zum Modell 9f von 1967 beibehielt.

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