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Test & Technik Praxisbericht

Spiegelreflexkamera von Sigma

Berauschend wie Sake

Warum nur Objektive für Kameras anderer Hersteller bauen und nicht auch eigene Kameras für die eigenen Objektive? So dachten wohl die Sigma-Manager in Tokio und riefen die Entwicklungsingenieure des Hauses zu sich. Diese schufen daraufhin eine Kamera, wie sie wohl nur Japaner schaffen können. Eine Spiegelreflexkamera nämlich, die preislich in der unteren Mittelklasse und ausstattungsmäßig in der Oberklasse angesiedelt ist. Wir haben uns die neue Sigma SA-300 angesehen und ausführlich in der Praxis geprüft.

Die Sigma SA-300 ist nicht die erste Spiegelreflexkamera des Hauses. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre gab es die manuell zu fokussierenden Modelle Marc 1 und SA-1. Sie verschwanden aber bald wie der vom Markt, ohne bleibende Spuren zu hinterlassen.
 Das neue Autofokus-Modell Sigma SA-300 wird den kränkelnden Spiegelreflexmarkt zwar nicht beleben können. Die Spiegelreflex-Landschaft kann die SA-300 jedoch Durchaus verändern. Noch nie gab es nämlich eine Kamera, die für fünf Hundertmarkscheine so viele Funktionen zu bieten gehabt hätte. Und das Erstaunliche ist, daß diese Funktionen sinnvoll und nützlich und nicht jedem Schnickschnack zuzuordnen sind - was gegenwärtig alles andere als selbstverständlich ist.
Der Technik und Plastik gewordene Stolz des Objektivherstellers Sigma präsentiert sich äußerlich genauso schlicht, wie es die Bezeichnung SA-300 vermuten läßt. Diese "Schlichtheit" grenzt freilich schon an Ironie, wenn man die üppige, keineswegs überflüssige Ausstattung der SA-300 Revue passieren läßt. Die neue Sigma-Kamera ist mit Programm-, Blenden und Zeitautomatik sowie mit der Möglichkeit zur manuellen Belichtungseinstellung ausgestattet. Die Programmautomatik kann wahlweise über das vordere oder das hintere Einstellrad "geshiftet" werden. Dadurch kann die Zeit-Blenden-Kombination bei gleichbleibendem Belichtungswert beliebig verändert werden, was in den meisten Aufnahmesituationen die Umschaltung auf Zeit- oder Blendenautomatik überflüssig macht.
Für Anfänger besonders gut geeignet ist die Vollautomatik, die keine Eingriffe (und folglich auch keine Fehlgriffe) in die Belichtungsautomatik und die Autofokus-Betriebsart zuläßt. In der Programm-, Blenden- und Zeitautomatik sowie bei manueller Belichtungseinstellung kann der Fotograf zwischen drei Belichchtungsmeßmethoden frei wählen: Acht-Segment-Messung, Integral- und Spotmessung. In der Vollautomatik arbeitet die SA-300 mit der Acht-Segment-Messung. Das Autofokussystem hat drei Betriebsarten, und zwar eine Schärfepriorität für statische Motive, eine Auslösepriorität für bewegte Motive und die automatische Wahl der Autofokus-Betriebsart in Abhängigkeit von der erkannten Motivsituation. Der Verschlußzeitenbereich reicht von 1/4000 Sekunde bis 30 Sekunden (und Bulb-Einstellung). In der Blendenautomatik und bei manueller Belichtungseinstellung können die Verschlußzeiten in halben Stufen gewählt werden, was sogar bei einigen High-Tech-Kameras der Oberklasse nicht möglich ist. In den anderen Automatikfunktionen werden die Verschlußzeiten stufenlos gebildet. Die Belichtungskorrektur kann im Bereich von ± 2 LW in halben Stufen erfolgen. Ebenfalls ein Novum in dieser Preisklasse ist die Belichtungsreihenautomatik der SA-300.

Belichtungsreihen und Spiegelvorauslösung

Der Abstand der frankierenden Belichtungen kann im Bereich von ±2 LW in halben Stufen frei gewählt werden. Die Belichtungsreihenautomatik kann auch mit der Belichtungskorrektur kombiniert werden. Die Sigma SA-300 verfügt außerdem über eine Funktion, die sonst nur wesentlich teureren Kameras vorbehalten ist, nämlich eine Spiegelvorauslösung. Dasselbe gilt für die Abblendtaste. Die auch bei anderen Autofokus-Kameras übliche Ausstattung ist ebenfalls vorhanden: motorischer Filmtransport mit Einzelbild- und Serienbildfunktion mit einer maximalen Frequenz von drei Bildern pro Sekunde sowie DX-Kodierung, manuelle Empfindlichkeitseinstellung und Meßwertspeicher. Das eingebaute Blitzgerät hat die Leitzahl 11 (bei ISO 100/21') und leuchtet den Bildwinkel eines 28-mm-Objektivs aus. Die Blitzautomatik hat Zusatzfunktionen wie Vorblitz-, Aufhellblitzfunktion und Langzeitsynchronisation. Wenn eine höhere Leitzahl erwünscht ist, kann auch ein systemkompatibles extrernes Blitzgerät angeschlossen werden. Gespeist wird die Kamera mit einer Lithiumbatterie des Typs 2CR5. Für den Buchhalter im Fotografen ist die Sigma SA-300 auch mit einer (glücklicherweise abschaltbarem) Datenrückwand ausgestattet. Zwei horizontale Linien im Sucher erinnern den Sigma-Fotografen permanent an die Möglichkeit, mit der SA-300 auch Panoramaaufnahmen zu machen, wobei eine ansprechende Maske erst in das Filmfenster eingelegt werden muß.

Fazit

Die Kamera liegt gut in der Hand, und die Bedienungselemente sind dort plaziert, wo man sie erwartet. Lediglich das am rechten Gehäuserand positionierte Daumenrad ist aufgrund dieser extremen Lage weniger angenehm zu bedienen und hätte etwas näher am Sucher angebracht werden können. Allerdings gewöhnt man sich nach einiger Zeit auch daran. Die Funktionen sind einfach zu bedienen. Die Tasten und vor allem die Wählscheibe sind mit den entsprechenden Symbole eindeutig gekennzeichnet, was vor allem für Fotografen, die nicht so oft mit der Kamera arbeiten, von Vorteil ist.
Das Display auf dem Gehäuse und die Sucheranzeigen wirken aufgeräumt und informieren übersichtlich über die wichtigsten Kameraeinstellungen.
Die Belichtungsfunktionen arbeiten insgesamt korrekt und zuverlässig. Korrekt arbeitet auch der Autofokus - obwohl er keinen Zweifel daran läßt, daß seine Tätigkeit offenbar recht anstrengend ist. Mit der neuen SA-300 hat Sigma nun aus dem Stand heraus eine Kamera konstruiert, die das Verhältnis von Preis und Leistung in einem neuem Licht erscheinen läßt. Damit die Qual der Wahl nicht zu gewaltig werde, hat der japanische Objektiv-Hersteller vorerst nur eines der drei geplanten Modelle auf den Markt gebracht.
Ein Lob gebührt der Sigma SA-300 vor allem ob ihrer Ausstattung, bei der erfreulicherweise auf Placebo-Funktionen verzichtet wurde. Zu beklagen ist - allerdings nur bedingt - der relativ behäbige Autofokus, den wir bei anderen japanischen Kameras mit mehr Arbeitseifer erlebt haben. Diese Schwäche soll jedoch in der Serienproduktion behoben werden, so Sigmas Geschäftsführer Wilfried Karweg. Die Sigma SA-300 erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht sehr gut ****.

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