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1997
Spezial Mittelformat
Deutsche Einheit
Vergleich: Exakta 66 Mod 2 und Pentacon Six TL
Als die Exakta 1986 als neue Mittelformatkamera präsentiert wurde, erschien sie vielen wie eine modernisierte Pentacon Six. COLOR FOTO begab sich auf die Suche nach der wahren Exakta-Identität und förderte dabei Erstaunliches zutage.
Die Exakta 66 ist nicht gerade das, was man in der Musikbranche einen Shooting Star nennt. Bislang führte sie eher ein Schattendasein als Ladenhüter. Erst als Beroflex Ende letzten Jahres den Vertrieb der Kamera übernahm, gelang ihr ein Achtungserfolg. Gezielte Werbung und eine deutliche Preissenkung von Kamera und Zubehör machten es möglich, daß die Exakta 66 plötzlich in der Verkaufsstatistik auftauchte. Die Entstehung dieser Kamera ist ein deutsch-deutsches Kuriosum. Heinrich Manderman, Eigentümer von Rollei, Schneider-Kreuznach und Beroflex und ein gewiefter Stratege im Ost-West-Handel, hatte die Idee zu einer Neuauflage der Pentacon Six. Produktionsstandort sollte Westberlin sein, bedeutende Komponenten aus der DDR zugeliefert und das Endprodukt mit einer völlig neu gerechneten, hochwertigen Objektivserie von Schneider-Krenznach veredelt werden. Ein modernes Design sollte die tatsächliche Herkunft soweit wie möglich vertuschen. Doch die Exakta 66 ist auch heute noch, als Modell 2, im Kern eine echte Pentacon Six.
Das Druckgußchassis kommt ebenso wie das Hemmwerk mit den Verschlußrollos von Pentacon aus Dresden. Die Rückwand steuert Schneider-Kreuznach bei, und die neue rahmenlose Sucherscheibe, die neben einem brillanteren Bild in erster Linie für vierzehn Prozent mehr Durchblick sorgt, stammt von Rollei. Fertig montiert wird die Exakta von nur einem Feinmechanikermeister in Berlin. Bislang verließen jährlich etwa 600 Exemplare die kleine Werkstatt in der Uhlandstraße, künftig sollen es deutlich mehr sein. Trotz umfangreicher konstruktiver Änderungen bleibt die Ähnlichkeit zur Pentacon Six offensichtlich. Schon der umständlich zu bedienende Schnellschalthebel erinnert an die Unzulänglichkeiten des sächsischen Vorbilds, das hierzulande fabrikneu inklusive Biometar 2,8/80 mm für nur 600 Mark über einen rührigen Importeur im niedersächsischen Barsinghausen angeboten wird.
Die matt glänzenden Aluminiumteile des Originals wirken sogar gefälliger als das plumpe Gummi-Outfit der modernen Neuauflage. Das Objektiv kommt zwar von Carl Zeiss/ Jena, erweist sich aber im meßtechnischen Vergleich dem neu gerechneten Xenar 2,8/80 mm als unterlegen. Der Lichtschacht des DDR-Produktes ist aus Metall statt aus Kunststoff; dafür läßt sich die Lupe nur mit einem Kunstgriff herausklappen, bei der Exakta 66 geht das blitzschnell. Auch am TTL-Prisma scheiden sich Tradition und Moderne. Bei der Exakta 66 ist das TTL-Prisma mit dem Blendenring des Objektivs und dem Zeiteneinstellrad gekuppelt, der Belichtungsabgleich findet über eine numerische Blendenskala im Sucher statt. Beim TTL-Prisma des Dresdner Vorbilds muß der gemessene und per Meßnadel angezeigte Wert bei fester Zeiteinstellung auf die Kamera übertragen werden. Ein zeitraubender Vorgang, der dem Schnelligkeit verheißenden Kleinbild-Layout der Kamerakonzeption widerspricht.
Ein altes Erbleiden der Pentacon Six, die unterschiedlichen Bildabstände, tritt bei der Exakta 66 dank geänderter Filmführung und Andruckplatte nicht mehr auf. Allerdings haben die Konstrukteure des ehemals volkseigenen Werks das Dilemma inzwischen offenbar beseitigt, die Pentacon Six dieses Vergleichs arbeitete jedenfalls einwandfrei. Keine Frage jedoch, die Exakta 66 MOD 2 ist die bessere Kamera. Sorgfältige Modellpflege im Westen machte aus dem Oldie wieder eine konkurrenzfähige Kamera, die einen günstigen Einstieg in ein vollwertiges Mittelformatsystem erlaubt. Sogar ein Zoomobjektiv Variogon 75-150 mm entdeckt der Exakta-Interessent im Produktkatalog.
Wer bereit ist, mit den harmlosen Unzulänglichkeiten einer veralteten Kameratechnik zu leben, findet in der Pentacon Six eine preiswerte, sauber verarbeitete Kamera mit günstigem Systemzubehör. Auch eine Exakta 66 MOD 2 kann allerdings ihre Abstammung von der Pentacon Six nicht verleugnen. Der umständliche Schnellschalthebel, der Verschluß, der nicht vorhandene Rückschwingspiegel und das identische Bajonett sind deutliche Zeichen der Verwandtschaft.
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