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Artikel
1997
Spezial Mittelformat
Kontrastprogramm
Vergleich Pentax 67 und Zenza BronicaGS-1
Ein unter Fotografen weitverbreitetes Vorurteil besagt, die Kameras für das sogenannte Idealformat 6 x 7 Zentimeter seien groß, schwer und nur im Studio zu gebrauchen. Gegen diese These gibt es zwei schlagende Argumente: Pentax 67 und Zenza Bronica GS-1 wurden für den Außer-Haus-Gebrauch konzipiert, obwohl die Pentax- und Bronica-Konstrukteure bei ihren Flaggschiffen völlig verschiedene technische Wege beschritten.
Ende der sechziger Jahre war die Zeit reif für ein neues, damals als ideal und revolutionär empfundenes Bildformat. Als ob sich der damalige, von Veränderungen geprägte Zeitgeist auch in der Fotografie niederschlagen sollte, galt das klassische, quadratische Mittelformat plötzlich als alter Hut. Es sei langweilig und ohne Dynamik, für rechteckige Magazine nur durch Beschnitt anzupassen und damit lediglich ein Kompromiß, der in diese kompromißlose Zeit nicht mehr hineinpaßte. Asahi Pentax tat den großen Schritt und präsentierte 1969 die Pentax 6x7. Das Idealformat mit der gleichen Bezeichnung war geboren, und eine Mittelformatkamera im handlichen Kleinbild-Look statt vermeintlich antiquierter Würfelform gleich dazu. Die Pentax 6x7 schrie geradezu nach Action, und sie gewann in Kürze die Sympathien der Art Directors und Sportfotografen, weil doppelseitige Aufmacher nun weder von der Bildqualität noch vom Bildformat her ein Problem waren. Die große Pentax entpuppte sich als wahrer Dauerbrenner. Erst im vergangenen Jahr, zwanzig Jahre nach ihrem Debüt, bekam diese zeitlose Kamera einen neuen Schriftzug: Statt Asahi Pentax 6 x 7 nennt sie sich jetzt schlicht Pentax 67. Nicht nur das Äußere erinnert an eine Kleinbildkamera. Auch die technischen Zutaten, wie der elektronisch gesteuerte Schlitzverschluß und die riesige Objektivpalette vom 35-mm-Fisheye-Objektiv bis zum 1000-mm-Supertele orientieren sich an Vorbildern der 35-mm-Szene. Vier auswechselbare Sucher, darunter ein (FL-Prisma und fünf lieferbare Einstellscheiben, unterstreichen die Vielseitigkeit der Kamera, für die es Pentax nur versäumt hat, einen Winder zu konstruieren. Denn gerade in der Sport- und Actionfotografie kommt der Wunsch nach einem motorisierten Filmtransport auf. Dafür kann die 67 mit einem vorauslösbaren Rückschwingspiegel auftrumpfen.
Die Zenza Bronica GS-1 dagegen orientiert sich im Design an der klassischen Hasselblad-Linie. Auch das Konzept verrät Parallelen, nämlich bei Zentralverschluß und Wechselmagazin. Verglichen mit der Mamiya RB 67, die übrigens 1970 der Pentax unmittelbar folgte kommt die Bronica erheblich leichter und kompakter daher, weil sie auf das Drehrahmenrückteil verzichtet, das den Wechsel von Hoch- auf Querformat für den Fotografen wesentlich erleichtert. Der Formatwechsel gelingt bei der GS-1 nur mit den drei Prismensuchern, am besten mit dem AE-Drehspiegelsucher G, dessen Okular sich des bequemeren Einblicks wegen um 90 Grad drehen läßt. Bei ihm kann man außerdem die Belichtungsmeßart von Integral- auf Spotmessung verstellen. Überdies verwandeln beide TTL-Prismen die Kamera in einen Zeitautomaten.
Das Objektivangebot für die Zenza Bronica GS-1 ist nicht gerade üppig, dafür jedoch qualitativ hochwertig. Acht Objektive von 50 bis 500 Millimeter stehen zur Verfügung, dazu gibt es noch zwei Konverter. Damit ist man für die meisten Aufgaben gerüstet, obwohl einem die Pentax-Spezialitäten wie Shift- oder Fisheyeobjektiv vorenthalten werden. Alle sind mit einem elektronisch gesteuerten Seiko-Zentralverschluß mit einem Zeitenbereich von 1/500 bis eine Sekunde bestückt; naturgemäß sind auch die kurzen Zeiten blitzsynchronisiert. Bei der Pentax geht dies nur mit dem Zentralverschlußobjektiv 2,8/ 90 mm. Das Wechselmagazin ermöglicht dem Bronica-Fotografen auch die Auswahl verschiedener Bildformate von 6x7 über 6x6 bis hin zu 4,5x6 Zentimeter, aber warum sollte der Fotograf bei dieser Kamera freiwillig auf das imponierende Idealformat verzichten?
Die Zenza Bronica GS-1 verkörpert den gelungenen Kompromiß zwischen einer Studio- und einer Fieldkamera im großen Mittelformat 6x7. Von der Konzeption her ist sie deutlich moderner als die über zwanzig Jahre alte Pentax 67. Gerade die Kompromißlosigkeit vermag indes bei der Pentax 67 zu überzeugen. Sie ist als Allround-Kamera für 6x7 Zentimeter dank ihrer Handlichkeit und ihres umfangreichen Objektiv- und Zubehörangebotes auch heute noch unschlagbar. Auch der günstige Preis von etwa 2 300 DM in der Grundausstattung spricht für sie. Die Zenza Bronica kostet etwa doppelt soviel, eignet sich aber auch als Studiokamera.
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