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Artikel
1997
Beratung
Autofokus-Wahlkampf
Minolta-AF-Spiegelreflexkameras
Sechs Autofokus-Spiegelreflexkameras aus zwei Generationen kämpfen im Minolta-Programm um die Gunst des Käufers. Da fällt es nicht leicht, sich auf Anhieb für die richtige zu entscheiden, zumal die Ansprüche an eine Kamera je nach Motiv-Vorliebe des Fotografen differieren.
Die meistverkaufte Autofokus-Spiegelreflexkamera des Jahres 1989 hieß erstaunlicherweise immer noch Minolta 7000. Trotz der großen Modellvielfalt in diesem Marktsegment - inzwischen zählen wir 26 Modelle von Canon bis Yashica - und trotz der hauseigenen modernen Dynax-Konkurrenz schaffte es die immerhin schon 1985 erschienene Kamera, in der Käufergunst auf dem ersten Platz zu landen. Dabei spielt sicherlich die Preisgestaltung eine gewichtige Rolle. Die erste vollwertige Autofokus-Spiegelreflexkamera der Welt ist inzwischen mit Standardobjektiv für runde 800 Mark zu haben und selbst mit dem beliebten Zoom 35 - 70 mm liegt sie noch deutlich unter der 1000-DM-Grenze, auf die viele Käufer offenbar sensibel reagieren. Außerdem profitiert die gute alte 7000 natürlich von ihrem unerschütterlichen Ruf des kräftig geworbenen Innovationsträgers.
Noch konkurrenzfähig: Urahn 7000
Minolta hat auch heute noch die größte Autofokus-Objektivpalette aller Spiegelreflex-Hersteller, der Vorsprung gegenüber der erst langsam aufrüstenden Konkurrenz war in den ersten beiden Jahren naturgemäß besonders groß. Nicht weniger als 32 Minolta-AF-Objektive stehen dem Besitzer einer Minolta-Autofokus-Spiegelreflexkamera zur Verfügung, darunter befinden sich auch zwei Konverter. Ungewöhnlich für die Modellpolitik eines Herstellers ist die Tatsache, daß Nachfolgemodell und Vorgängertyp gleichzeitig im Programm sind. Bei Minolta ist dies schon seit knapp zwei Jahren der Fall, und trotz der Konkurrenz durch die - allerdings 300 Mark teurere Dynax 7000i hält sich das ältere Modell noch wacker. Ausstattung und Verarbeitungsqualität der vermeintlich überholten Kamera können sich im Vergleich immer noch sehen lassen.
Die Minolta 7000 wirkt deutlich weniger veraltet als die von Nikon schon vorsorglich aus dem Programm genommene F-501 AE Zwar entsprechen ihre kantigen Züge nicht mehr ganz dem an runden, ergonomischen Formen orientierten Zeitgeschmack, doch kann man mit den Belichtungsprogrammen, dem Verschluß und sogar mit dem Autofokus der Kamera noch ganz gut leben. Zwar ist die automatische Scharfeinstellung nicht so schnell und so empfindlich wie bei den modernen Schwestermodellen 5000i, 7000i und 8000i, er muß bei schlechten Lichtverhältnissen eher aufgeben als der Dynax-Autofokus. Diese Schwäche erweist sich allerdings nicht als ernstzunehmendes Kaufhemmnis. Es ist im Gegenteil sogar erstaunlich, wie gut dieser Ur-Autofokus in der Praxis noch mithalten kann - wenn sich auch dem kritischen Benutzer der Verdacht aufdrängt, daß Minolta versteckte Modellpflege zugunsten der Käufer betrieben hat. Schnellere Mikroprozessoren in der 7000 lassen den Unterschied zur neuen Dynax-Generation nicht so kraß ausfallen wie erwartet. Auch mit der kürzesten Verschlußzeit von 1/2000 Sekunde läßt es sich ganz gut leben.
Ungünstig plaziert: Dynax 5000i
Zugegeben, die 1/100 Sekunde Blitzsynchronzeit wirkt heutzutage etwas lethargisch, aber die aktuelle 5000i kann es nicht besser. Überhaupt drängt sich bei näherer Analyse des Minolta-Programms der Vergleich zwischen 5000i und 7000 noch deutlicher auf als der zwischen Vorgänger und Nachfolger, sprich 7000 und 7000i, denn diese sind preislich viel eher vergleichbar. Die 5000i kostet in der Grundausstattung sogar knapp 200 Mark mehr als die 7000 und lieht somit genau zwischen der 7000 und der 7000i, wobei die 7000 mit ihren Wechseleinstellscheiben und der serienmäßigen Blenden- und Zeitautomatik deutlich besser ausgestattet ist. Die beiden Belichtungsprogramme müssen bei der 5000i nämlich erst per Chipkarte zusätzlich erworben werden, und die Einstellscheibe läßt sich gar nicht wechseln. Die 7000 darf daher als besserer Kauf gelten als die modernere 5000i, deren Sucherinformation spärlicher ausfällt und die der 7000 nur in der Autofokus-Disziplin überlegen ist.
Mit Spotmessung: Dynax 7000i
Den Generationskonflikt entscheidet überraschenderweise das ältere Modell für sich, die 5000i wendet sich eher an die Zielgruppe der Kompaktkamera-Aufsteiger als an wirklich ambitionierte Fotografen. Diese dürften sich eher von der Dynax 7000i angesprochen fühlen, die der 7000 nicht nur den schnelleren und empfindlicheren Autofokus voraushat, sondern auch über mehrere Belichtungsmeßmethoden verfügt, von denen das sogenannte AF-integrierte Mehrzonen-Belichtungsmeßsystem das bemerkenswerteste ist. Mehrfach-Meßsensoren ermitteln für jede Zone separat den jeweiligen Belichtungswert, der mit den Motivdaten aus dem Autofokus-Computer abgeglichen wird, womit auch bei kontrastreichen Objekten für die richtige Belichtung gesorgt wird. Auch die wichtige Spotmessung haben die Kameratechniker aus Osaka der 7000i spendiert, während die Dynax-Modelle 5000i und 5000i nur zwei Belichtungsmeßzonen vergleichen und auf eine Spotmessung gänzlich verzichtet wurde.
Weitere Fortschritte der neuen Dynax-Generation, von denen auch das Einsteigermodell 3000i profitiert, liegen im großen Autofokus-Meßfeld und in der Programmautomatik, die sich automatisch der jeweils verwendeten Autofokus-Brennweite anpaßt, sogar beim Zoomen. Bei Erscheinen der Dynax 7000i im Jahre 1989 imponierte das revolutionäre Chipkarten-System, mit dem sich die Kamera in Hinblick auf die zu lösende fotografische Aufgabe exakt abstimmen läßt. Es gibt kleine, etwa 60 DM teure Chipkarten für automatische Belichtungsreihen, für Nahaufnahmen, Porträts und für Action-Fotos. Mit dieser Software kann der Fotograf die Kamera nach seinen Fotografierwünschen anpassen und sie zukunftssicher aushauen. Man sollte sich jedoch bei dieser Sonderausstattung nichts vormachen, es geht auch hier um nichts anderes als um eine entsprechende Zeit-Blenden-Kombination oder um eine spezielle Belichtungsmessung, die der Fotograf bei entsprechenden Kenntnissen auch mit technisch deutlich einfacheren Kameras durch das individuelle Einstellen selbst erreichen kann. Wenn schon Dynax, dann also mindestens 7000i, denn die 5000i wurde preislich zu wenig abgesetzt. Der ärgste Feind der 7000i heißt seit Februar 1990 8000i.
Basierend auf der bewährten Technik der 7000i bekam das vorläufige Spitzenmodell der Dynax-Reihe die Möglichkeit, weitere Chipkarten aufzunehmen und eine Mehrfach-Spotmessung spendiert. Das wichtigste an der 8000i ist jedoch der neuartige High-Speed-Verschluß, der in seinen Spitzenwerten mit der 1/8000 Sekunde und der 1/200 Sekunde Blitzsynchronzeit endlich mit den Flaggschiffen von Canon und Nikon gleichzieht. Allerdings bedingen diese Zusatzfunktionen, die in der Praxis weit weniger beeindruckend wirken als auf dem Datenblatt, einen Preisaufschlag in Höhe von 200 DM. Damit liegt die 8000i auf dem Preisniveau des schon beinahe traditionellen Minolta-Spitzenmodells 9000. Wobei hier allerdings fairerweise bei der 9000 der Betrag für den MD-90 addiert werden muß, denn bekanntlich besitzt die 9000 keinen eingebauten motorischen Filmtransport.
So kommt man denn als potentieller Käufer um einen weiteren Generationskonflikt bei der Kaufentscheidung nicht herum. Dabei erleichtert der völlig unterschiedliche Charakter der beiden Kameras die Qual der Wahl jedoch spürbar.
Klassiker der Moderne: die 9000
Freunde von High-Tech-Instrumenten, die eine Kamera als technisches Statussymbol mindestens genauso hoch bewerten wie als kreatives Werkzeug, greifen lieber zur 8000i. Die Minolta 9000 verkörpert eine gelungene Mischung aus Tradition und Fortschritt. Von Anfang an als Autofokus-Kamera für professionelle Ansprüche konzipiert, wartet sie mit einem bemerkenswert robusten Druckgußgehäuse auf. Ohne den schnellen MD 90, der mit fünf Bildern pro Sekunde den integrierten Antrieb von 7000i und 8000i (drei Bilder pro Sekunde) bei weitem übertrifft, wird die 9000 zur leisesten Autofokus-Spiegelreflexkamera überhaupt. Man kann sie mit Recht als Klassiker der Moderne bezeichnen, doch ist sie dabei alles andere als veraltet. Gut, das Autofokus-System der Dynax-Reihe ist bei weitem ausgefeilter, aber der Verschluß der 9000 ist schnell genug, Spotmessung ist vorhanden, und der Preis kann inzwischen beinahe als populär bezeichnet werden. Die Nachteile des älteren Autofokussystems treten im Fotografieralltag nicht so deutlich zutage wie im theoretischen Vergleich, und wegen ihrer geringen Verbreitung kann man der 9000 schon heute eine Karriere als Sammlerkamera der Zukunft prophezeien.
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