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Artikel
1997
Beratung
Kaufberatung: Canon EOS RT oder EOS 600?
Wahlverwandtschaft
Seit die Canon EOS RT schlagartig um rund 800 Mark billiger wurde, wird sie plötzlich von den Käufern akzeptiert und macht ihrem Schwestermodell EOS 600, mit dem sie technisch weitgehend identisch ist, Konkurrenz. Welche ist der bessere Kauf die populäre EOS 600 oder die eigenwillige RT?
Wer die goldene Mitte im Canon-EOS-Programm sucht. der findet sie in der EOS 60(). Preislich ausgewogen, in der Serienausstattung umfassend und technisch auch nach knapp drei Jahren Marktpräsenz noch auf der Höhe der Zeit, stellt sie einen idealen Kompromiß zwischen Technik und Preis dar. Zwar zog die neue, enorm preisgünstige EOS 1000 spontan einen Großteil der potentiellen EOS-Klientel in ihr Lager, aber die EOS 600 bietet eben doch das entscheidende Quentchen Metall und Funktion mehr, das der engagierte Fotograf bei einer Kamera sucht.
Anders ging es der EOS RT wegen ihres hohen Preises von früher etwa 1800 Mark konnte sie kein Verkaufserfolg werden.
Zu wenige der in Frage kommenden Käufer begriffen zudem die außergewöhnliche Technik der Kamera, die sich angedeutet hinter Typenbezeichnung "RT" verbirgt. "RT" bedeutet "Real Time". Das hatten wir doch schon bei der Contax RTS, werden jetzt kritische Zeitgenossen einwenden, aber bei der Canon handelt es sich um eine echte Echtzeitfunktion. Genügte bei der guten alten RTS schon der fast verzögerungsfreie elektromagnetische Auslöser für das Echtzeit-Prädikat, so leistet die RT auf dem Sektor schon fast Unglaubliches. Sie ist nämlich mit einem teildurchlässigen Spiegel ausgestattet, dessen Besonderheit darin besteht, daß er starr ist, also kurz vor der Belichtung nicht hochklappt, um den Lichtstrahlen durch den geöffneten Verschluß den Weg zur Filmebene freizumachen, sondern in seiner angestammten Stellung verharrt. Dies ist fürwahr eine kleine technische Revolution, die allerdings von Canon in ungewohnter Zurückhaltung zelebriert wurde. Dem verkannten Genie soll also jetzt mittels kräftiger Preiskorrektur nach unten zu spätem Ruhm verholfen werden. Der teildurchlässige, feststehende Spiegel lenkt einen Teil des Lichts in den Sucher, der andere fällt durch den Spiegel auf die Filmebene. Dadurch bleibt das Sucherbild im Moment der Belichtung sichtbar. So kann die Bildwirkung des Motivs jederzeit kontrolliert werden, und bewegte Motive lassen sich optimal verfolgen. Außerdem entstehen keine Vibrationen durch den Spiegelschlag, längere Verschlußzeiten aus freier Hand werden also realisierbar. Auch arbeitet die Kamera erstaunlich leise.
Der eigentliche Vorteil vom Real-Time-Prinzip der EOS RT liegt jedoch in der enorm kurzen Reaktionszeit zwischen dem Druck auf den Auslöser und dem Verschlußablauf. Dank des fehlenden Spiegelschlags wird der Verschlußablauf auf minimale acht Millisekunden reduziert.
Der Verschluß, der von 30 Sekunden bis zu 1/2000 Sekunde arbeitet, und das Belichtungsmeßsystem - mit der intelligenten Integralmessung auf sechs Meßfeldern sowie der Selektivmessung, die zentral 6,5 Prozent der Bildfläche berücksichtigt sind ebenso wie der schnelle Motor identische Funktionen von EOS 600 und EOS RT. Unterschiede gibt es allerdings bei der Belichtungssteuerung.
Die EOS RT verzichtet auf die kreativen Motivprogramme der 600, die viele Standardmotivsituationen von Landschaft über Porträt bis hin zu Makro und Sport problemlos beherrschen. Dafür bietet die RT allerdings fünfzehn Möglichkeiten - statt sieben wie bei der 600 -, um individuell in die Kamerafunktionen einzugreifen. Bei beiden Kameras kann man beispielsweise programmieren, ob der Film ganz eingezogen wird oder nicht. Beiden gemeinsam ist das umfassende EOS-Objektiv- und Zubehörsystem mit den superschnellen, USM-bestückten Objektiven, und beide arbeiten mit einem schnellen Autofokus-System, das in der Position Servo in der Lage ist, den Schärfenpunkt bis zum Beginn der Belichtung vorausberechnen.
Die Frage, ob es nun eine EOS 600 oder eine RT sein soll, wird nicht allein vom Preis beantwortet. Der spricht zugunsten der EOS 600, und damit siegt sie in der Gunst jener Fotografen, denen es insbesondere auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ankommt.
Wer dagegen das technisch Extravagante im unauffälligen Gewand liebt und rund 800 Mark gegenüber dem alten Preis sparen will, der sollte 300 Mark drauflegen und zur RT greifen, die wegen ihres Echtzeit-Prinzips das Zeug zu einen technischen Meilenstein hat. Man kann der Kamera - ähnlich wie der T90 - schon jetzt einen Ehrenplatz unter den Sammlerkameras der Zukunft reservieren.
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