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1997

Color Foto BÖRSE

Sammlerkamera das Monats: Rolleicord

Zweiäugige für Einsteiger

Von 1933 bis 1978 bildeten die Rolleicord-Modelle den Einstieg in die Rolleigrafie. Dem Prinzip der zweiäugigen Rolleiflex folgend spielte sie den Part des Standardmodells im Rollei-Programm. Für Sammler ist eine Nachkriegs-Rolleicord nicht nur wegen des Namens interessant.

Alle Spiegelreflexkameras von Rollei, ob mit einem oder mit zwei Objektiven ausgestattet, tragen den ebenso klangvollen wie eingängigen Namen Rolleiflex. Doch es gibt auch hier wieder die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Sie heißt Rolleicord, und der Name scheint besser für ein Musikinstrument zu passen als für eine Kamera. Schon seit 1933 schmückt er das Standardmodell der Firma Franke und Heidecke, die mit der Erfindung der zweiäugigen Spiegelreflexkamera Geschichte schrieb. Nach dem Krieg wurde die Rolleicord-Tradition fortgesetzt, handelte es sich doch um eine überaus preiswerte Amateurkamera von hoher optischer und mechanischer Qualität, nur in Details gegenüber der Rolleiflex abgemagert. Die durch das Kamerakonzept bedingten Vorteile wie leises Auslösegeräusch, ständige Beobachtung des Sucherbilds ohne Spiegelpause, Handlichkeit und leichte Bedienbarkeit, blieben bei der Rolleicord erhalten.
Gespart haben die Braunschweiger Kamerakonstrukteure zunächst beim Objektiv. Statt des vierlinsigen Tessars kam in den ersten Nachkriegsjahren das dreilinsige Triotar zum Einsatz, um dann vom ebenfalls vierlinsigen Xenar aus dem Hause Schneider-Kreuznach abgelöst zu werden. Anstelle der typischen Rolleiflex-Kurbel, die im "Doppelschwung" (Firmenjargon) einmal kurz nach vorn und nach hinten bewegt - Filmtransport und Verschlußaufzug besorgt, verfügt die Rolleicord nur über einen Transportknopf, der Verschluß wird wie bei einer gewöhnlichen Balgenkamera durch einen Hebel am Objektiv gespannt. Ab August 1953 wurde mit der vierten Auflage der Synchro-Compur-Verschluß mit MX-Synchronisation und der schnellen 1/500 Sekunde eingebaut, der Faltlichtschacht ließ inzwischen eine Sportsucher-Stellung zu, und die Filmandruckplatte war verschiebbar, um das Fotografieren mit verschiedenen Bildformaten wie 4x5,5 Zentimeter oder 24x36 Millimeter zu ermöglichen. Das. vierlinsige Xenar von Schneider-Kreuznach löste das einfachere Triotar ab. Im Zuge der Modellpflege wurde die Rolleicord weiter verbessert. Das Nachfolgemodell Rolleicord V erhielt einen Selbstauslöser durch den neuen Verschluß Synchro Compur MXV und die praktische Lichtwertkupplung. Alle Zeit-Blenden-Kombinationen eines bestimmten Lichtwerts können mit einer einfachen Hebelbewegung eingestellt werden. Erkennbar ist die ab 1955 gebaute Rolleicord V am großen Fokussierknopf an der rechten Kameraseite und an der Seriennummer, die oberhalb 1500000 liegt. Bei der Rolleicord Va, die 1957 herauskam, wanderte der Drehknopf für die Entfernungseinstellung auf die linke Kameraseite, wo auch der Triebknopf der Rolleiflex seit jeher angebracht ist. Die Bedienung der Kamera wird dadurch wesentlich erleichtert, weil der Fotograf Filmtransport und Fokussierung nun schneller beidhändig bedienen kann.
Ab 1960 kamen alle Rolleiflex-Modelle in den Genuß eines neuen, verbesserten Lichtschachts, der sich blitzschnell öffnen und schließen läßt und der nun auch abnehmbar ist, um bei Bedarf einem Lupensucher oder Prismensucher Platz zu machen. Auch die Einstellscheibe kann der Fotograf jetzt selbst wechseln. Ab 1962 wird auch die Rolleicord mit dem neuen Lichtschacht ausgestattet, in dieser Version heißt sie jetzt Rolleicord Vb und erlebt damit, von geringfügigen Modifikationen abgesehen, ihre letzte Entwicklungsphase. Die Rolleicord Vb ist die empfehlenswerteste Kamera aus dieser Modellreihe, weil sie einen hohen Reifegrad und Gebrauchswert erreicht hat. Für eine tadellose Rolleicord Vb müssen 500 Mark angelegt werden, sie ist die gesuchteste aller Rolleicord-Varianten. Die Grundüberholung einer gebrauchten Rolleicord schlägt mit zirka 150 Mark zu Buche; sie ist meistens dann fällig, wenn die langen Verschlußzeiten und das Vorlaufwerk infolge verharkten Öls nicht mehr korrekt ablaufen.
Für den Mittelformat-Einsteiger ist eine Rolleicord eine bessere Alternative als eine chinesische Seagull oder eine japanische Yashica Mat 124 G. Das vielfältige Angebot und das moderate Preisniveau machen diese Modelle auch für Sammler und Kamera-Liebhaber interessant, die ein populäres Modell einer großen Marke ihr eigen nennen wollen.

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