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1997

Color Foto - BÖRSE

Sammlerkamera des Monats: Adox Polomat

Die passende Kamera zum Film

Filmhersteller, die nebenbei Kameras bauen, sind fast ausgestorben. Es blieben Fuji, Kodak und Konica übrig, Agfa und Adox haben die Kameraproduktion eingestellt. Die beiden Deutschen konkurrierten in den fünfziger Jahren heftig. Adox bewies bei seinen Kameras Gespür für fortschrittliches Design und moderne Technik.

Adox-Kameras gehörten nicht zur Elite der deutschen Kameraproduktion. Wie alle Kameras der Filmhersteller sollten sie das Sortiment abrunden und durch populäre Preisgestaltung möglichst viele Käufer ansprechen. So waren es zumeist Massenmodelle ohne revolutionäre Technik oder besondere Finessen. Aber es gab auch Ausnahmen. Spitzenmodelle wie die Agfa Karat oder die Adox 300 mit Wechselmagazinen sorgten auch bei der vornehmeren Konkurrenz der Exklusiv-Kamerahersteller für Anerkennung. Bei Adox war es insbesondere das Modell Polomat, das 1959 erschien und dank eines sehr günstigen Verhältnisses von Preis und Gegenwert zum großen Erfolg wurde.
"Adox" lautete der Markenname des alteingesessenen Filmherstellers Dr. Carl Schleussner in Neu-Isenburg. Neben der Produktion von Rollfilmen, Kleinbildfilmen und Planfilmen machte sich das Unternehmen einen Namen mit preisgünstigen und ansprechenden Kameras für die breite Masse. Die Adox Polomat kostete vor 30 Jahren nur rund 150 DM, bot aber eine beachtliche Ausstattung. Der eingebaute Belichtungsmesser arbeitete mit Zeit- und Blendenring gekuppelt, ein dreilinsiges, Lanthan-beschichtetes Schneider-Objektiv mit der Bezeichnung Radionar 2,8/40 mm sorgte für erstaunlich scharfe Aufnahmen. Alle wichtigen Bedienungselemente waren um das Objektiv herum gruppiert, sogar die Einstellung der Filmempfindlichkeit befand sich an dieser Stelle. Im Gegensatz zum zerklüfteten Äußeren vieler Konkurrenzmodelle bestach die Adox Polomat durch ihr glattflächiges Design. Der Schnellschalthebel sitzt nicht einfach oben auf dem Gehäuse, sondern wurde harmonisch integriert. Die Streuscheibe für die Selenzellen und das Sucherfenster positionierten die Adox-Gestalter, harmonisch hinter einer Glasscheibe zusammengefaßt, über dem Objektiv. Auch die Kameraoberseite macht einen aufgeräumten Eindruck.
Das subtraktive Bildzählwerk, die breite, verwacklungssichere Auslösetaste und das hervorragend ablesbare, große Fenster des Nachführbelichtungsmessers bestimmen das Bild. Der helle Leuchtrahmensucher mit Parallaxmarken vermag bei einer Kamera dieser Preisklasse ebenfalls zu überzeugen. Auf einen Entfernungsmesser muß der Polomat-Fotograf allerdings verzichten; dafür gibt es zur Erleichterung der Entfernungseinstellung eine Schärfentiefenskala mit Pfeilmarken für die Schnappschußeinstellung. Zudem ist ein Selbstauslöser vorhanden.
Einige Details verraten aber dennoch, daß bei soviel Kamera fürs Geld auch gespart werden mußte. Der Pronto-LK-Verschluß verzichtet auf die langen Zeiten und reicht nur von 1/500 bis zu 1/15 Sekunde. Der Kamerakorpus ist samt Rückwand aus Spritzguß-Kunststoff gefertigt, was der Kamera zwar ein handliches Gewicht verleiht, aber nicht den unerschütterlichen Qualitätseindruck eines Ganzmetallgehäuses vermitteln kann.
Als Weiterentwicklung kam noch im gleichen Jahr das Parallelmodell Polomat 2 auf den Markt - mit der Einspiegelung des Belichtungsmessers in den Sucher und automatischer Schärfentiefenanzeige.
Eine Adox Polomat ist ganz gewiß kein begehrenswertes Sammlerstück, dafür fehlen ihr die technischen und qualitativen Voraussetzungen. Sie eignet sich aber vorzüglich als nostalgisch angehauchtes Modell für die tägliche Schnappschußfotografie, denn sie läßt sich leicht bedienen, ist mit rund 100 DM recht billig, vermittelt noch die fotografischen Grundbegriffe und besitzt ein scharf zeichnendes Objektiv. Sammler interessiert sie wohl eher aufgrund der Tatsache, daß sie ein gelungenes Kameramodell eines untergegangenen Filmherstellers verkörpert: Auf den Schleussner-Fabrikhallen in Neu-Isenburg prangt heute der Schriftzug des amerikanischen Chemie-Riesen Du Pont de Nemours, der dort Röntgenfilme und grafisches Material produziert.

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