← Zurück
Artikel
1997
Test & Technik
Duell der Achttausender
Normtest Minolta Dynax 8000i gegen Nikon F-801 s
Achttausend ist die Zahl, die beide Kameras über Art und Gattung hinaus verbindet. Beide besitzen einen Hochgeschwindigkeitsverschluß, der mit der 1/8000 Sekunde alles einfriert, was sich auch noch so schnell bewegt. Die Minolta Dynax 8000i repräsentiert das derzeitige Spitzenmodell des Pioniers der AF-SLR-Kameras. Nikon unterzog die F-801 einer gründlichen Überarbeitung und nannte sie F-801s. Normtest verglich Pionier- und Prestigekamera.
Die Nikon F-801 avancierte in kurzer Zeit zur erfolgreichsten Autofokus-Spiegelreflexkamera von Nikon. Ihr Konzept, traditionelle Bedienungselemente mit praxisnaher Ausstattung zu verknüpfen, kam bei den Fotografen gut an. Außerdem verkörperte sie für viele unter den zahlreichen Spiegelreflexmodellen der Mittelklasse das gehobene Prestigemodell, wofür wohl in erster Linie der renommierte Markenname Nikon verantwortlich ist. Da auch ein großer Name vor kleinen Schwächen nicht schützt, blieben auch bei der gelungenen F-801 noch Wünsche offen. Zwar verfügt sie über die Nikon-spezifische ausgeklügelte Matrixmessung, die das Motiv in mehrere Meßfelder zerlegt und Helligkeit und Kontrastumfang dieser miteinander vergleicht, doch einige Fotografen vermißten die Spotmessung, wie die F4 sie hat. Vergleichstests mit den entsprechenden Modellen der EOS- und Dynax-Serie ergaben, daß die Autofokusschnelligkeit der F-801 nicht dazu angetan war, Rekorde zu brechen. Hinzu kam kürzlich die Konkurrenz aus dem eigenen Hause in Gestalt der F-601, die eben mit Spotmessung und dem ersehnten schnelleren Autofokus aufwarten konnte, wenngleich technische Basis der preiswerteren Kamera von weitaus simplerer Natur ist. Mit der F-801 s sind die Wünsche zumindest auf dem Papier in Erfüllung gegangen, wie sie sich im Test schlagen wird, mußt sie nun im Vergleich mit der Minolta Dynax 8000i beweisen.
Autofokus
Die Minolta Dynax 8000i hat dem populären Bestseller 7000i in erster Linie den Hochgeschwindigkeitsverschluß, die zusätzliche mittenbetonte Integralmessung und die kürzere Blitzsynchronzeit (1/200 Sekunde statt 1/125 Sekunde) voraus. Außerdem verfügt sie über eines der modernsten und schnellsten Autofokussysteme überhaupt. Begriffe wie Prädiktions-Autofokus und Multi-Sensor-AF-Modul mit drei Bildsensoren stehen für Fortschritt im Detail. In der ersten Wertung, der wichtigen Autofokusprüfdisziplin, sieht es von den technischen Daten her so aus, als ob die Minolta Dynax 8000i die Nase vorn hätte. Zwar stattete Nikon die F-801s im Zuge der Überarbeitung ebenfalls mit einem Prädiktionsautofokus aus, der die Scharfeinstellung für bewegte Objekte automatisch noch während des Auslösens berechnet, doch besitzt die Nikon F-801 s nur einen Meßsensor; Objekte, die sich außerhalb der Bildmitte befinden, müssen demnach mit Hilfe des Autofokus-Speichers angemessen werden.
Während der Nikon Fotograf den Scharfstellmodus seiner Kamera per Wahlschalter neben dem Objektiv bestimmt - im Nikon-Jargon "Fokussier-Betriebsartenwähler" geheißen -, erkennt die Minolta selbsttätig, ob es sich um ein bewegtes oder ein statisches Objekt handelt. Beide Merkmale verhelfen der Dynax 8000i zu einem Vorsprung im Detailkriterium Autofokus-Ausstattung.
Wichtiger in der Praxis ist allerdings die Autofokus-Schnelligkeit, die deswegen auch höher bewertet wird. Die Überarbeitung ist der F-801s in dieser Disziplin gut bekommen. Derart getunt und mit dem Zusatzbuchstaben "s" versehen, übertrifft die Nikon F-801s sogar die anerkannt schnelle Dynax 8000i um einige hunderstel Sekunden, zumindest bei höheren Lichtwerten, während die beiden Kameras um Lichtwert 0 etwa gleichauf liegen. Bei der Nikon wurde bei den Messungen der Lichtwert -I zugrundegelegt, weil der Autofokus-Empfindlichkeitsbereich bereits hier beginnt, die Minolta mißt die Distanz zum Aufnahmeobjekt erst ab Lichtwert 0 automatisch. Den Vorsprung, den sich die Minolta vor der Nikon in der Autofokus-Ausstattung sichert, reicht nicht zum Sieg. Die höher bewertete Schnelligkeit und Empfindlichkeit des weiterentwickelten Nikon-Autofokusmoduls geben den Ausschlag für einen knappen Sieg der Nikon.
Belichtungsfunktionen
Was das Belichtungsmeßsystem angeht, so offerieren beide Kameras den heute in dieser Kameraklasse üblichen hohen Standard. Vorbei die Zeit, als die mittenbetonte Integralmessung ausschließlich vorherrschte, egal, ob es sich um eine 300- DM- oder um eine 3000-DM-Kamera handelte. Die zusätzliche Spotmessung ist heutzutage unbedingtes Muß für viele Fotografen, und die Tatsache, daß sich Nikon bei der F-801 s zusätzlich für diese Meßart trotz der ausgeklügelten Matrixmessung entschieden hat, beweist die Wichtigkeit des punktgenauen Ausstattungsdetails für die Kamerabenutzer. Auch die Minolta Dynax 8000i verfügt zusätzlich zur Spot- und zur mittenbetonten Integralmessung über eine zeitgemäße Mehrfeldmessung, bei Minolta Mehrzonenmessung genannt, bei der die Fotodiode in sechs Segmente unterteilt und sogar mit dem Autofokus-Meßsystem gekoppelt ist. Daher erübrigt sich auch ein Meßwertspeicher, wie ihn die Nikon F-801 s besitzt. Trotzdem wissen gerade Umsteiger von konventionellen Spiegelreflexkameras den Meßwertspeicher zu schätzen, weil er in Verbindung mit der Spotmessung ein gezieltes Anmessen und Speichern verschiedener Bildpartien ermöglicht. Der Nikon-Belichtungsmesser reagiert etwas empfindlicher, sein Arbeitsbereich erstreckt sich von Lichtwert 0 bis 21, bei der Minolta reicht er "nur" von Lichtwert 1 bis 20. Trotz unterschiedlicher konstruktiver Merkmale des Belichtungsmeßsystems ergeben sich bei praktischen Aufnahmen in der Belichtungsgenauigkeit beider Kameras keine Unterschiede.
Sowohl die Minolta Dynax 8000i als auch die Nikon F-801s bieten zeitgemäßen Belichtungskomfort auf höchster Ebene. Ein versierter Fotograf wird sogar auf die vielgepriesene Mehrzonen- respektive Matrixmessung verzichten können, für die meisten Lichtsituationen reichen Spot- und mittenbetonte Integralmessung völlig aus. Man könnte sogar noch einen Schritt weitergehen: Gerade der gezielte Einsatz der Spotmessung, verbunden mit ein paar fotografischen Grundkenntnissen (bei Negativfilm auf die Schatten belichten und bei Umkehrfilm auf die Spitzlichter), löst Belichtungsprobleme auf verblüffend einfache Weise ohne kontrastausgleichende Mehrfeldsysteme. Die Messung des Blitzlichts auf der Filmoberfläche gehört heutzutage zum Standard; beide Kameras ermöglichen überdies auch Blitzaufnahmen bei langen Belichtungszeiten, die das vorhandene Hintergrundlicht mit einbeziehen.
Die sehr gute technische Ausstattung beider Kameras wird auch in den vielfältigen Automatikfunktionen deutlich. Zeit-, Blenden- und Programmautomatik sowie den für individuell belichtete Aufnahmen so notwendigen manuellen Abgleich bieten beide Modelle. Nur bei der Programmautomatik ergeben sich kleine Unterschiede. Die Minolta Dynax 8000i paßt die Verschlußzeit der Programmautomatik der eingesetzten Brennweite automatisch an, damit Verwacklungsunschärfen ausgeschlossen sind. Darüber hinaus kann der Fotograf die Programmautomatik der teuersten Dynax auch manuell per
Programmshift beeinflussen
Anders, aber von Resultat her durchaus vergleichbar lösten die Nikon-Konstrukteure die Vollautomatik der F-80 1. Bei der Dual-Programmautomatik wählt die Kamera die Verschlußzeit ebenfalls nach der eingesetzten Objektivbrennweite. Bis 135 Millimeter entscheidet sie sich für das Normalprogramm, ab diesem Wert wird dem Kurzzeitprogramm der Vorzug gegeben. Unabhängig von dieser automatischen Steuerung kann der Fotograf über den Programmwahlschalter bewußt entweder das Normal- oder das Highspeed-Programm wählen, je nach Motivsituation. Sportszenen oder spielende Kinder lassen sich per Highspeed-Eingabe ohne Bewegungsunschärfen ablichten.
Auch die Nikon F-801s bietet einen Programmshift, der individuelle Anpassungen an die fotografische Aufgabenstellung zuläßt. Mit beiden Kameras ist man belichtungstechnisch bestens gerüstet. Beide stimmen in ihren zahlreichen Belichtungsfunktionen bis auf wenige Abweichungen überein. Sogar der Verschlußzeitenbereich von der 1/8000 Sekunde bis zu vollen 30 Sekunden stimmt überein. Nur bei der Blitzsynchronzeit heimst die Nikon (1/250 Sekunde zu 1/200 Sekunde) einen geringfügigen Vorteil ein. Außerdem bietet die Nikon das interessante Feature des matrixgesteuerten Auflhellblitzes.
Bei der Vielzahl der mit beiden Kameras unter absolut vergleichbaren Bedingungen gemachten Praxisaufnahmen belichtet die Minolta im Durchschnitt etwas reichlicher, die Nikon hingegen etwas knapper. Das kommt auch in den Diagrammen der Automatikfunktionen zum Ausdruck. Bei der Blenden- und Programmautomatik arbeitet die Nikon eine Spur exakter, während die Minolta eine geringere Toleranz in Sachen Programmautomatik aufweist. Allerdings fallen die Unterschiede derart gering aus, daß ein Unentschieden zwischen den Kontrahenten die einzig zulässige Entscheidung darstellt.
Handhabung
Gelang es bis jetzt keinem der beiden Prüfkandidaten, einen nennenswerten Vorsprung vor dem anderen zu erzielen, so schafft es die Nikon, sich im dritten Wertungskapitel Handhabung von ihrer Konkurrentin deutlicher zu distanzieren. Die auch beim Vorgängermodell F-801 viel gelobte Mischung aus konservativen und modernen Bedienungselementen, die es gerade Umsteigern von herkömmlichen Spiegelreflexkameras leicht macht, mit der F-801s auf Anhieb zurechtzukommen, erweist sich wieder einmal als ein besonderer Vorteil dieser Kamera. Gerade das griffige Einstellrad für die Feineinstellung auf der rechten Kameraseite und die vier zusammengefaßten, kreisförmig angeordneten Tasten für die Grundfunktionen sorgen für eine mühelose Bedienung, welche die kleineren und verstreuten Elemente der Dynax nicht im gleichen Maße bieten. Gerade das Einstellrad ist der durch Festhalten zu bedienenden "Up and Down"-Taste überlegen.
Beide Kameras besitzen einen LCD-Monitor, der die wichtigsten Kamerafunktionen und die vom Fotografen eingegebenen Werte angibt. Das gleiche gilt für die Sucheranzeigen, auch sie werden über ein Flüssigkeitsdisplay signalisiert. Ein geringfügiges Plus heimst die Minolta für den Sucher ein. Von beiden Suchern mit langer Austrittspupille, die besonders für Brillenträger angenehm ist, wirkt der Minolta-Durchblick geringfügig brillanter. Trotzdem gelingt es der Nikon, das Bewertungskapitel Handhabung klar für sich zu entscheiden.
Grundausstattung
In der Konzeption sowie bei den technischen Daten fielen beide Kameras bisher nur durch geringfügige Unterschiede auf. Nur im Bewertungskapitel Grundausstattung treten unterschiedliche Philosophien deutlich zu Tage. Die Nikon-Marketingstrategen verhalfen der F-801s zu einer ungewöhnlich kompletten Ausstattung, die sich in einigen Punkten (wie beispielsweise Schärfenfalle oder Intervallauslösung) durch das Ansetzen der Multifunktionsrückwand MF-21 erweitern läßt. Zwar offeriert auch die Dynax 8000i eine Grundausstattung, die kaum Wünsche offenläßt, doch gehört die gezielte Erweiterung der fotografischen Einsatzmöglichkeiten über Chipkarten zum Konzept der Dynax. Eine Mehrfachbelichtungsmöglichkeit besitzt die Nikon F-801s von Haus aus, der Dynax-8000i-Besitzer muß 50 DM aufwenden, um in den Genuß einer solchen Zusatzfunktion zu kommen. Dafür befriedigt jedoch ein rundes Dutzend solcher Chipkarten auch ausgefallene Gestaltungswünsche.
Ansonsten bieten die beiden Kameras erstaunlich viel fürs Geld, insbesondere, wenn man sie mit gleich teuren Kameras konventioneller Bauart vergleicht. Eine F-801s übertrifft die etwa gleich teure, spartanisch ausgerüstete Nikon FM2 dank ihrer elektronischen Finessen um Längen; die Frage ist, ob man diesen eklatanten Vorsprung auch wirklich für bessere Bilder einsetzt. Die Ausschußquote ist dank der neuen Technik erheblich gesunken. Bei aller Hypertechnisierung treten häufig traditionelle und wichtige Ausstattungsmerkmale in den Hintergrund, die Schärfentiefentaste beispielsweise, ein für den korrekten Bildaufbau wichtiges Hilfsmittel, wird heute aus Rationalisierungsgründen oft weggelassen.
Erfreulicherweise verzichten Nikon und Minolta auch darauf nicht. Der motorische Filmtransport der Nikon wird eher professionellen Ansprüchen gerecht, nicht nur, daß die maximale Bildfrequenz mit 3,3 statt 3 Bildern pro Sekunde geringfügig höher liegt, es gibt zusätzlich eine "Continuous-Low"-Schaltung. Insgesamt ergibt sich ein leichtes Ausstattungsplus für die Nikon F-801s, was sich in einem entsprechenden Punktabstand gegenüber der Minolta Dynax 8000i niederschlägt. Auch die Material- und Verarbeitungsqualität der F-801s macht einen geringfügig besseren Eindruck als bei der 8000i. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß die Dynax über 200 DM billiger ist als die Nikon.
Stromversorgung
Das gemeinsame Merkmal vieler Kameras der neuen Generation liegt in der Verwendung des Lithium-Power-Packs mit der Typenbezeichnung 2CR5. Dies bedeutet teuren und nicht überall erhältlichen Ersatz im Falle einer verbrauchten Batterie. Auch ein Umsteigen auf umweltfreundliche Akkus, die für Fotografen mit hohem Filmverbrauch eine echte Alternative sind, kann leider systembedingt nicht erfolgen.
Die Nikon F-801s bildet in dieser Hinsicht eine rühmliche Ausnahme; zwar bekam die F-801s von der 601 AF die Spotmessung und den schnelleren Autofokus-Chip, jedoch erfreulicherweise nicht die Art der Energieversorgung. Hier besannen sich die Nikon-Konstrukteure auf die Zielgruppe für die Nikon F-801s und sorgten für eine leicht verfügbare und variable Energiequelle in Form von vier Mignon-1500-Batterien.
Fazit
Drei Kapitelsiege für die Nikon F-801s, zweimal knapp und einmal deutlich, weisen die Kamera als klaren Gesamtsieger aus. Daß der Punkteabstand zur Dynax 8000i nominell nicht größer ausfiel, hat sie ihrem fortschrittlichen Multi-Autofokus und ihrer umfangreichen Ausstattung zu verdanken. Die Nikon F-801s beweist exemplarisch, wie man Gutes mit wenig Aufwand weiter verbessern kann und bekommt daher das COLOR FOTO-Prüfsiegel. Ihre vorzügliche Handlichkeit und einige typische Nikon-Ausstatlungsmerkmale machen sie auch subjektiv zum Favoriten, wobei es allerdings schon immer etwas teurer war, einen besonderen Geschmack zu haben.
Wegen ihres ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnisses verdient der zweite Sieger Minolta ebenfalls das Prüfsiegel.
Gesamtwertung
NaN
{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}