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Artikel
1997
Beratung
Darf es etwas weniger sein?
Kaufberatung Autofokus-Spiegelreflexkameras für Einsteiger
Canons aggressive Preis- und Modellpolitik trägt Früchte. Im Unterhaus der Autofokus-Spiegelreflexkameras konnten sich die Zwillingsmodelle EOS 1000 und EOS 1000 F auf Anhieb gegen die etablierte Konkurrenz auch im eigenen Haus durchsetzen und den größten Marktanteil für sich verbuchen. Wir verglichen EOS 1000 und EOS 1000 F mit der EOS 700, der Minolta Dynax 5000i und der Pentax SF 7.
Tennis-Crack John McEnroe gilt als aggressiv. Im Spiel und später bei Pressekonferenzen mit dem Mundwerk. McEnroe ist genau die richtige Zugmaschine für Canons aggressive Preis- und Modellpolitik bei Kameras, deshalb spielt er die Hauptrolle in der EOS-1000-Plakatwerbung und hat einen glänzenden Auftritt im EOS-1000-Prospekt. Die EOS 1000 und ihr kurze Zeit später erschienenes Zwillings-Pendant EOS 1000 F attackieren die Autofokus-Einsteiger-Spiegelreflexklasse unter 800 Mark mit einem Kampfpreis. Ganze 698 Mark kostet die abgesehen von den Auslaufmodellen EOS 750 und 850 nunmehr billigste Kamera der EOS-Modellreihe. Die EOS 1000 F, die bis auf den eingebauten Blitz mit der 1000 absolut identisch ist, bringt es auf 748 Mark. Wer glaubt, diese Preisangaben beträfen lediglich das Gehäuse, der irrt und freut sich gleichzeitig. Als echte Preisbrecher beinhalten 1000 und 1000 F das EF Zoom 4-5,6/35-80 mm ohne Aufpreis.
Solch ein knapp kalkuliertes Angebot bringt nicht nur die Konkurrenz ins Wanken. Auch die EOS 700 im Set mit dem allerdings motorisierten Zoom 4-5,6/35-80 mm ist betroffen. Ihr Fortbestand innerhalb der EOS-Baureihe ist ernsthaft bedroht, bietet doch das jüngste Modell mehr zum geringeren Preis. Statt 798 Mark kostet die 700 jetzt 100 Mark weniger, aber wir fürchten, daß auch damit ihr Schicksal als Auslaufmodell besiegelt ist.
Canons wichtigster und gefährlichster Konkurrent Minolta hat zwar seit einigen Jahren die Nase vorn, wenn es um den Marktanteil bei Autofokus-Spiegelreflexkameras geht, der Vorsprung schmilzt allerdings dahin. Kein Wunder, daß das Erscheinen der EOS 1000 bei der Dynax 5000i, die eine vergleichbare Position im Minolta-Programm einnimmt, nicht ohne Folgen blieb. Sie wurde gleich um 100 Mark billiger und kostet mit dem AF Zoom 4-5,6/35-80 mm nur noch 798 Mark. Die Pentax SF 7 spielt trotz unbestreitbarer Qualitäten nur eine unverdiente Nebenrolle bei den Autofokus-Spiegelreflexkameras. Mit dem gegenüber dem Normalobjektiv von den meisten bevorzugten F 3,5-4,5/35-70 mm wird sie um etwa 830 Mark angeboten. Doch damit genug der Preisanalysen, schließlich besteht eine Spiegelreflexkamera ja nicht nur aus ihrem Kaufpreis, sondern in erster Linie aus dem, was sie dafür bietet.
Sogar mit Selektivmessung: EOS 1000
Eine moderne Autofokus-Spiegelreflexkamera der Einsteigerklasse sollte kein abgespecktes Standardmodell sein, sondern den Stand der Kameratechnik in den neunziger Jahren repräsentieren. Besondere Ausstattungsmerkmale wie Belichtungsreihenautomatik, Blitzen auf den zweiten Verschlußvorhang, Blitzen bei langen Verschlußzeiten oder ein vom Belichtungsmeßsystem der Kamera gesteuerter Aufhellblitz gehören nicht zu den Features, die der Einsteiger in die moderne Spiegelreflexfotografie unbedingt sucht. Auch ein Hochgeschwindigkeitsverschluß wird wohl noch lange der oberen Kameraklasse vorbehalten sein, ebenso wie die Spotmessung, die noch nicht in das Unterhaus Einzug hielt, obwohl sie sicherlich eher dem Wunsch vieler Fotografen gerecht wird, als die für die praktische Umsetzung schwieriger zu begreifenden Mehrfeldmeßsysteme.
Immerhin wartet die EOS 1000 mit einer Selektivmessung auf, die 9,5 Prozent des Bildfeldes berücksichtigt und die damit in der Lage ist, eine Spotmessung in den meisten Fällen zu ersetzen. Was der Spiegelreflex-Debütant der neunziger Jahre aber sicher erwartet, ist der Bedienungskomfort der Spitzenkameras der achtziger Jahre, angereichert durch die automatische Scharfeinstellung. Zu viele Bedienungshilfen verwirren allerdings, und die Beschränkung auf das Wesentliche ist gerade bei Kameras für Anfänger - wie Einsteiger weniger respektvoll genannt werden hilfreich. Im Klartext heißt dies, daß Programm-, Blenden- und Zeitautomatik ebenso zum selbstverständlichen Lieferumfang einer sogenannten Einsteigerkamera gehören sollten wie die Möglichkeit einer manuellen Beeinflussung der Belichtung, um kreative Effekte zu realisieren. Selbst eine Kamera der unteren Preisklasse sollte sich von Kompakt- oder Bridgekameras dadurch unterscheiden, daß sie dem Fotografen, wenn er es wünscht, völlig freie Hand bei der Wahl von Blende und Verschlußzeit läßt.
Diese Anforderungen hinsichtlich Ausstattungsmerkmalen und Bedienungskomfort an eine Einsteigerkamera erfüllen die EOS-1000-Kameras und die Pentax SF 7 am besten. Sowohl bei der EOS 700 als auch bei der Minolta Dynax 5000i entsteht der Eindruck, die Konstrukteure hätten in Absprache mit den Marketingleuten das ein oder andere gegenüber dem hochwertigeren Basismodell vergessen, um den Abstand zu den teureren Kameras aus der Dynax- und EOS-Familie zu wahren. Bei der Dynax 5000i fehlen Zeit- und Blendenautomatik, die allerdings zusammen preiswert per Chipkarte als Extra geordert werden können; 50 Mark Mehrausgabe machen aus der abgemagerten Dynax 5000i eine vollwertige Kamera. Bei der EOS 700 "vergaßen" die Canon-Konstrukteure bei der Konzentration auf die EOS-typischen eingebauten Motivprogramme - Minolta offeriert ähnliches im Chipkarten-Sortiment - die Zeitautomatik. Sie kann noch nicht einmal indirekt durch Blendenvorwahl bei manueller Einstellung herbeigeführt werden, denn eine solche Eingriffsmöglichkeit ist bei der 700 nicht vorgesehen.
Diese beiden gravierenden Ausstattungsmängel werden auch nicht von einem äußerst raffinierten EOS-700-typischen Merkmal wettgemacht: Das Einstellrad, die griffige Kommandozentrale der Kamera, läßt sich nämlich mit einem einfachen Handgriff umdrehen. Fotografen, die gern abstrakt denken, finden auf der einen Seite des Rads acht Motivprogramme vor, die typisch sind für viele Aufnahmesituationen. Sie heißen im einzelnen: Landschaft, Porträt, Nahaufnahmen, Innenaufnahmen, Gruppenaufnahmen, Bewegungsstop, Wischeffekt und Aufhellblitz.
Prädiktion - ein Muß
Bei der Wahl eines dieser Motivprogramme steuert die Kamera automatisch die dazu notwendige optimale Kombination von Verschlußzeit, Blende oder gegebenenfalls sogar Blitzfunktion, außerdem paßt sie sich zusätzlich noch dem Autofokusmodus an. Beim "Bewegungsstop" wird beispielsweise der Servoautofokus mit Prädiktion eingeschaltet. Die Kamera denkt also bei der Wahl der Motivprogramme mit, die Fehlerquote bei Aufnahmen sinkt auf ein absolutes Minimum. Fotografen, die lieber konkret in Zahlen denken und die Kamera manipulieren wollen, drehen das Einstellrad einfach um und können so die Verschlußzeit für die Blendenautomatik vorwählen.
Einen LCD-Monitor zur Überprüfung aller wichtigen Kamerafunktionen und Einstellwerte besitzt die EOS 700 als einzige Kamera dieser Vergleichsgruppe nicht, auch die Sucheranzeigen beschränken sich auf das Nötigste, der Fotograf ist also meist im Unklaren darüber, was die Kamera macht.
Die Canon EOS 1000 stellt im Prinzip eine abgespeckte 600 dar. Sie ist hierarchisch nicht eindeutig unter der 700 anzusiedeln, wie es die EOS-Nomenklatur der höheren Wertigkeit bei niedrigeren Typenzahlen eigentlich vorschreibt. Zwar hat sie ein LC-Display, verfügt über Zeitautomatik und Manualprogramm, besitzt die Selektivmessung der großen Schwester und erlaubt wie die EOS 600 automatische Langzeitbelichtungen bis zu dreißig Sekunden. Dafür gibt es bei der 1000 nur eine Dreizonen- statt einer Sechszonen-Belichtungsmessung, und die Blitzsynchronisation ist mit 1/90 Sekunde länger als bei der 700, die eine 1/125 Sekunde zum Blitzen verwendet. Auch die kürzeste Verschlußzeit beträgt bei der 1000 nomen est omen - nur 1/1000 Sekunde, die EOS 700 ist doppelt so schnell.
Bei den Motivprogrammen räumte der Canon-Rotstift auf. Es gibt nur noch die Hälfte, nämlich die vier Programme Landschaft, Sport (bei der 700 heißt das Bewegungsstop), Porträt und Nahaufnahmen. Selbst bei der EOS 1000 F, die ja wie die 700 über einen eingebauten Blitz verfügt, ließ man die Aufhellblitzfunktion weg. Gegenüber der 700 ist die 1000 F um 200 Gramm leichter; erreicht wurde dies durch die konsequente Verwendung von Kunststoff, auch beim Bajonett des Objektivs. Ob das wohl hält?
Hilfe durch Access
Die Pentax kann auf der Ausstattungsseite viele Pluspunkte verbuchen. Dazu gehört das gerade für Anfänger sehr instruktive Acces-System zur Bedienungserleichterung. Im großen LC-Display über der Prismenkappe erscheint die stilisierte Silhouette der Kamera. Stellt der Fotograf beispielsweise über die Mode-Taste das Programm Zeitautomatik ein, so zeigt ein Pfeil in der Kamerasilhouette auf den Blendenring und mahnt den Benutzer damit, die Blende vorzuwählen. Einen Blendenring gibt es bei den anderen Kameras nicht mehr, er wurde von der technischen Evolution wegentwickelt zum Leidwesen fotografierender Anfänger, denen das Gebilde Kamera und der Zusammenhang zwischen Zeit und Blende noch rätselhafter vorkommt. Die Achillesferse der sehr leicht zu bedienenden Pentax SF7 ist zweifellos der Autofokus, der sich nicht mehr auf der Höhe der Zeit befindet. Er erlaubt lediglich die One-Shot-Methode nach der Schärfenpriorität. Die Kamera läßt sich nur dann auslösen, wenn sie bereits auf das Motiv scharfgestellt hat. Servo und Prädiktion, bei den hier beschriebenen Konkurrenten von Canon und Minolta längst Standardmerkmale, mit deren Hilfe schnelle Motive scharf werden, sind für die Pentax Fremdworte. Gerade in der Autofokus-Technik liefern sich Canon und Minolta ein technologisches Kopf-an-Kopf-Rennen. Dieser fruchtbare Wettkampf gipfelt schon in der Einsteigerklasse in einem bemerkenswert ausgeteilten Scharfstellsystem, das sich entweder je nach Motivprogramm automatisch für One-Shot oder Servo entscheidet (EOS) oder je nach Motivsituation von der Kamera erkannt wird (Dynax).
Canon führte zusammen mit den EOS-Modellen 1987 als erster Kamerahersteller die Schärfentiefenautomatik ein. In der Praxis ist diese Einrichtung sehr wertvoll, denn sie erlaubt es, den Schärfentiefenbereich der späteren Aufnahme bereits im Sucher exakt festzulegen. Hierzu genügt es, den Anfangs- und Endpunkt der gewünschten Schärfenzone mit dem AF-Meßfeld anzupeilen und dabei den Auslöser jeweils anzutippen. Früher geschah dies umständlich durch Ausprobieren verschiedener Blenden unter Beobachtung des Suchers bei gedrückter Schärfentiefentaste. Der dabei meist stark abgedunkelte Sucher macht es nicht leicht, scharfe von unscharfen Motivpartien zu unterscheiden. Bei der Minolta Dynax 5000i kann die Schärfentiefenautomatik separat über die entsprechende Chipkarte gegen einen Mehrpreis geordert werden.
Die beiden EOS-1000-Modelle sind in der Tat hinsichtlich ihres Verhältnisses zwischen Kaufpreis und dem gebotenen Gegenwert unschlagbar. Mit Recht sind sie zur Zeit die Hechte im Karpfenteich der Einsteigerklasse. Canon gelang es bei diesen Kameras, alle vielfach gewünschten Ausstattungsmerkmale unter einen Hut zu bringen, ohne daß auf den ersten Blick etwas vermißt würde, wie bei der 700 die Zeitautomatik, die manuelle Nachführung und die Selektivmessung, die es bei der 700 nur im Nahaufnahmemodus gibt.
EOS-1000 im Verborgenen gespart
Gespart wurde viel geschickter an versteckter Stelle die schnellen Verschlußzeiten wurden geopfert, ein paar Motivprogramme mußten daran glauben, nur drei statt sechs Meßfelder sind für die Belichtungsmessung verantwortlich, und gewichts- und materialmäßig wurde zurückgesteckt. Heraus kamen Modelle, die auf die Ansprüche von Einsteiger-Fotografen maßgeschneidert sind.
Der EOS 700 merkt man den Rotstift deutlich bei den Katalogdaten an, in der Praxis wirkt sie viel weniger abgemagert, sie hat sogar in einigen Belangen mehr zu bieten als die 1000. Wer eine vollwertige EOS in soliderer Ausführung zum Sparpreis sucht, sollte bei der 700 schnell zugreifen, bevor sie ausläuft. Die Minolta Dynax 5000i vermittelt eine hohe Wertigkeit, sie fühlt sich nicht an wie eine Einsteigerkamera, sondern fast genauso wie eine Dynax 7000i. Wenn sie nicht ein paar Ausstattungsmängel hätte, würde man sie sofort einer höheren Klasse zuordnen. Interessant ist übrigens, daß die EOS 1000 bereits genau dieselben Motivprogramme serienmäßig bietet, die man bei der Dynax 5000i dazukaufen muß. Die Chipkarten Sport/ Action, Porträt, Schärfentiefenautomatik, Zeit- und Blendenautomatik und Nahaufnahme kosten zusammen 250 Mark und lassen die Dynax 5000i im Preisvergleich mit der EOS 1000F schlecht wegkommen. Die nüchternen Zahlen lauten 748 Mark zu 1048 Mark. Die Pentax SF 7 ist eine ideale Anfängerkamera, weil sie leicht zu bedienen ist und Zusammenhänge deutlich macht. Anfänger dürfte der einfache Autofokus nicht stören.
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