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Artikel

1997

Test & Technik

Praxisbericht: Minolta Dynax 7xi

All-Wissend

The fun of shooting (= die Freude am spontanen Fotografieren) war die Vorgabe von Minolta, die der Schweizer Designer Hans Muth bei der Gehäuseform der neuen Dynax 7xi umzusetzen hatte. Die Kamera, die auf den ersten Griff als Minolta erkennbar ist (Muth), vermittelt tatsächlich dieses Feeling: Es macht einfach Spaß, mit der wohl raffiniertesten High-Tech-Kamera der Gegenwart unbekümmert zu fotografieren. Im Standardprogramm zumindest. Die Unbekümmertheit ist aber dahin, will der Fotograf die anderen Features anwenden. Sie erschließen sich ihm nur nach sorgfältiger Lektüre der l00 Seiten starken Bedienungsanleitung - eifrige Trockenübungen und ein gutes Gedächtnis vorausgesetzt.

Programmautomatik

"Sie drücken auf den Auslöser und die Kamera tut den Rest" so könnte man den bekannte Slogan zur Kodak-Boxkamera auf die Programmautomatik der neuen Minolta Dynax 7xi über tragen. In dieser Disziplin glänzt die Kamera mit einer dynamischen Verhaltensweise und liefert ohne Zutun des Fotografen - vom Auslösen abgesehen - sogar in heiklen Lichtsituationen einwandfrei belichtete Bilder. Darin zeichnet sich eben wahrer Spiegelreflex-Luxus aus: Spezielle Belichtungsprogramme, wie wir sie von anderen Spiegelreflexkameras kennen, müssen nicht einzeln eingestellt werden, sondern sind in die Programmautomatik der Dynax 7xi integriert. Durch Fuzzy-Logik gesteuert, verarbeitet die Kamera Daten wie Motivkontrast, Aufnahmeabstand, Brennweite, dreidimensionale Objektbewegung, Abbildungsmaßstab, Kameralage und erkennt, ob es sich beispielsweise um Landschaft-, Action- oder Porträtaufnahmen handelt. Eine motivgerechte Einstellung sorgt anschließend für optimal belichtete Bilder. Für den umfangreichen Praxisbericht hat COLOR FOTO zwei Dynax-7xi-Kameras aus der Vorserie sowie ein Serienmodell eingesetzt. Sie wurden mit den AF-Zooms xi 3,5-4,5/28-105 mm und xi 4,5-5,6/100-300 mm bestückt.
Alle drei Kameras lieferten sowohl im Weitwinkel- als auch im Telebereich hervorragende Bildergebnisse. Kleine Ausreißer kamen gelegentlich sowohl bei den Vorserienmodellen als auch bei der Serienkamera vor und sind vermutlich auf einen bestimmten Einfallswinkel der Sonne zurückzuführen (davon gleich mehr). Im allgemeinen arbeitete die 7xi in der Programmautomatik jedoch ausgezeichnet.
Allerdings hätten wir nach der Produktbeschreibung erwartet, daß die Fuzzy-Logik-Kontrolle, mit dem "Wissen und den Fachkenntnissen der weltbesten Fotografen programmiert", in der Lage ist, eine geschlossene weiße Fläche auch weiß wiederzugeben. Das Resultat kommt aber der Graukarte mit 18prozentiger Reflexion näher als der fotografierten weißen Wand. Die hier wirksame Tendenz zur Unterbelichtung läßt vor allem für Schneeaufnahmen eine dunklere Wiedergabe befürchten, die nicht allein auf Umweltschäden zurückzuführen sein wird. Überhaupt zeigten alle drei Testkameras gelegentlich eine leichte Tendenz zur Unterbelichtung. Eine Erklärung dafür war nicht zu finden, zumal die meisten Aufnahmen tadellos belichtet waren. Einiges spricht dafür, daß bei einem besonderen Einfallswinkel der Sonne die Kamera etwas irregeführt wird. Diese Tendenz läßt sich aber erstaunlicherweise durch die Travel-Chipkarte ausgleichen. Dieses Phänomen wurde auch bei anderen Fotos festgestellt.
Im Nahbereich arbeitet die Dynax 7xi sehr korrekt. Nahaufnahmen sind mit dem 28-105-mm-Zoom sogar ohne Zubehör möglich.
Die Dynax 7xi reagiert auch unter rauhen Lichtsituationen gutmütig: Landschaftsaufnahmen in gleißender Sonne führen die Programmautomatik ebensowenig in die Irre wie reflektierende Wasserflächen. Auch mit gewöhnlichen Gegenlichtsituationen wird dieses Wunderwerk der Technik spielend fertig. Lichtsituationen "mit etwas Gegenlicht" oder "mit weniger Gegenlicht als zuvor" bereiten der Dynax 7xi, im Gegensatz zu den meisten herkömmlichen Kameras, keine Probleme. Das ändert sich aber schlagartig, wenn man die gleißende Sonne in einem bestimmten Winkel zur Bildebene aufnehmen will. Solche Lichtsituationen irritieren offenbar die fuzzygesteuerte Einheit Kamera - Objektiv, die durch Arbeitsverweigerung auf sich aufmerksam macht. Das hektische motorische Fokussieren signalisiert, daß die Kamera nicht scharfstellen kann und infolgedessen der Auslöser blockiert. Wenn man die Sonne beispielsweise hinter Schornsteinen größtenteils verschwinden läßt, erholt sich die 7xi und liefert etwas unterbelichtete Bilder. Doch die selbstgestellte Aufgabe lautete: Gegenlichtaufnahme mit der Sonne im oberen Bildteil - und beim Tester setzte eine gewisse Hartnäckigkeit ein. Wie kann man also eine so "intelligente" High-Tech-Kamera überlisten?
Nachdem die 7xi auf das Füttern mit Chipkarten in der besagten Situation störrisch reagierte, blieb nur noch das Umschalten auf Handarbeit übrig: Blende, Verschlußzeit, Brennweite und Schärfe wurden manuell eingestellt, Spotmessung und AF-Sensoren einzeln aktiviert, was schließlich zum Erfolg führte. In solch heiklen Lichtsituationen bleibt dem 7xi-Fotografen also nichts anderes übrig, als sich auf High-Tech-freie Kameraeinstellungen zu besinnen.

Zeitautomatik

Die Zeitautomatik mit Blendenvorwahl ermöglicht den gezielten Umgang mit der Schärfentiefe. Um diese Automatik einzuschalten, wird die Funktionstaste angetippt und das vordere Einstellrad solange gedreht, bis in der oberen linken Ecke des Displays "A" erscheint. Die gewünschte Blende wird mit dem hinteren Einstellrad vorgewählt, und die Kamera steuert automatisch die entsprechende Verschlußzeit. Bei Aufnahmen mit weit geöffneter Blende wird sowohl der scharfe Vordergrund als auch der unscharfe Hintergrund ausgewogen belichtet.
Entgegen der Angabe in der Bedienungsanleitung läßt sich der eingebaute Blitz in der A-Funktion auch manuell zuschalten. Allerdings steht dann nur die Verschlußzeit von 1/200 Sekunde zur Verfügung, so daß nicht immer die gewünschte Blende eingestellt werden kann.
Mit der Zeitautomatik kann die Schärfentiefe selbstverständlich auch ausgedehnt werden, wobei der fünfstufige Schärfentiefe-Indikator einen Anhaltspunkt dafür gibt, wie scharf oder unscharf der Hintergrund im endgültigen Bild sein wird. Die genaue Ausdehnung und der Verlauf der Schärfentiefe können damit aber nur annähernd bestimmt werden. Außerdem werden die fünf Positionen des Schärfentiefe-lndikators mit den meisten Objektiven nicht erreicht, und die ungefähre Schärfentiefe-Anzeige ist unzutreffend, wenn das Hauptmotiv sich zu nahe am Hintergrund befindet. Eine Abblendtaste, wie bei einigen anderen japanischen High-Tech-Kameras, würde hier bessere Dienste leisten.

Blendenautomatik

Bewegungsunschärfe zu vermeiden oder gezielt zu erzeugen ist bei der Dynax 7xi dank der Blendenautomatik mit Zeitvorwahl problemlos möglich. Über das vordere Einstellrad wird nach Betätigung der Funktionstaste das Symbol "S" in der oberen linken Ecke des Displays eingestellt. Die Verschlußzeit kann anschließend ebenfalls mit dem vorderen Einstellrad vorgewählt werden. Die Kamera steuert automatisch die passende Blende dazu. So ist es beispielsweise möglich, schnelle Bewegungsabläufe einzufrieren. Erleichtert wird diese Aufgabe durch den Prädiktions-Autofokus. Er berechnet die voraussichtliche Position des Hauptmotivs zum Zeitpunkt des Auslösens. Der Schärfentiefen-Indikator wird in diesem Betriebsmodus zum Bewegungsschärfe-Indikator, der aber nur bei bewegten Objekten beachtet werden sollte.

Im Gegensatz zu den Herstellerangaben zündet das Blitzgerät auch in der S-Funktion, allerdings wird immer die Verschlußzeit von 1/60 Sekunde eingestellt - bei der Zeitautomatik ist es die 1/200 Sekunde, wobei das Umgekehrte sinnvoller wäre.

Handarbeit

In der M-Funktion, über die Funktionstaste und das vordere Einstellrad aktiviert, können Blende und Verschlußzeit in halben Stufen manuell, das heißt elektronisch auf dem Display eingestellt werden. Das vordere Einstellrad gilt den Verschlußzeiten, das hintere den Blenden. Der Belichtungsabgleich wird im Sucherdisplay angezeigt. In der M-Funktion lassen sich die eigenen Bildvorstellungen am besten realisieren. Besonders im Zusammenhang mit der Spotmessung erlaubt die manuelle Einstellung gezielte Unter- oder Überbelichtungen. Zwar sind Belichtungskorrekturen auch in den anderen Betriebsmodi jederzeit möglich, doch niemals gezielt: Es bleibt dem Fotografen verborgen, wie der fuzzygesteuerte Kontrollmechanismus die vierzehn Meßsegmente gewichtet, so daß erst am fertigen Bild das Ausmaß der automatischen Belichtungskorrektur genau zu erkennen ist.
Nicht so glücklich gelöst ist die Möglichkeit, manuell zu fokussieren. Die Schärfe läßt sich per Hand nur motorisch einstellen, wobei man den zurückgezogenen Einstellring bis zum Ende der Belichtung festhalten muß. Wenn man ihn losläßt, bevor der Belichtungsvorgang abgeschlossen ist, setzt ein unerwünschtes automatisches "Override" der eingestellten Schärfe ein.

Blitztechnik

Der eingebaute Blitz leistet gute Dienste. Zum Ausleuchten ist er aufgrund seiner niedrigen Leitzahl (12) wenig geeignet, zum Aufhellen aber ideal. Er bringt bei nicht optimalen Lichtverhältnissen das nötige Quantum Brillanz in die Bilder, und das sowohl im Weitwinkel- als auch im Telebereich.
Auch die kabellose TTL-Steuerung des externen Blitzgeräts 3500 xi funktioniert ausgezeichnet. Das vorhandene Licht wird mitberücksichtigt, und die Dosierung des Blitzlichts erfolgt sehr genau.

Handhabung

Der Schweizer Designer Hans Muth, der auch für die Ergonomie der Dynax 7000i verantwortlich zeichnet, hat seine Hausaufgaben bravourös gemacht: Die "knuddelige" High-Tech-Kamera liegt gut in der Hand - in bodenständiger Horizontalhaltung zumindest. Für Hochformataufnahmen muß die bekannte Haltung mit emporgestrecktem Ellenbogen eingenommen werden, was nicht gerade die Verwacklungsgefahr vermindert. Die Aufforderung der Gebrauchsanweisung "Stützen Sie Ihre Ellenbogen am Körper ab" - gilt auch für Hochformataufnahmen und ist gut gemeint, in der entsprechenden Zeichnung wird jedoch gezeigt, daß man den Ellenbogen doch hissen muß.
Das Display auf dem Gehäuse und dasjenige im Sucher sind übersichtlich und gut ablesbar. Es werden nur die Daten einbelichtet, die für die jeweilige Aufnahme von Belang sind. Deswegen kann man sich den bei anderen Kameras üblichen Vergleich mit dem "Mäusekino" getrost sparen. Allerdings haben wir die Einblendung einer Gitterstruktur auf die Einstellscheibe besonders bei Architekturaufnahmen vermißt.
Die Bedienungselemente sind ergonomisch angeordnet. Die Umschaltung der Betriebsmodi und Funktionen haben wir jedoch bei anderen japanischen High-Tech-Kameras schon weniger umständlich erlebt.

Vermischtes

Die achtzehn Chipkarten erweitern die ohnehin zahlreichen Möglichkeiten der Dynax 7xi. Die Travel-Chipkarte beispielsweise kann den Wiegeschritt eines Seemanns auf Landurlaub oder das Rütteln im Zugbistro ausgleichen. Natürlich kann man das auch mit einer mechanischen Kamera der unteren Preisklasse tun, doch das wäre wider den Zeitgeist.
Damit die Heimwerker unter den Fotografen bei so viel High-Tech sich nicht vernachlässigt fühlen, hat Minolta auf den integrierten Okularverschluß, den es bereits bei der XE 1 und XD 7 gab, verzichtet. Statt dessen muß der Fotograf, um das Okular vor Fremdlichteinfall zu schützen, erst einmal die Augenmuschel mit etwas Mühe abnehmen und den am Trageriemen befestigten Okulardeckel über das Okular schieben. Im Okulardeckel kann man außerdem die Zubehörschuh-Abdeckung sicher aufbewahren - es sei denn, man benutzt gerade den Okulardeckel als solchen.
Nach Angaben von Minolta soll der Autofokus der Dynax 7xi doppelt so schnell sein wie bei der 8000i und in der Prädiktion dreimal schneller als bei der 7000i. In der Praxis wirkte er jedoch zunächst leicht träge. Das ist auf eine geringe Verzögerung von zirka einer halben Sekunde zwischen dem Anvisieren des Motivs und dem Beginn der Fokussierung zurückzuführen. Beginnt das Objektiv aber erst einmal zu fokussieren, geht dies erstaunlich schnell. Das ist ein subjektiver Eindruck, den wir bei allen drei Testkameras hatten. Ob die Schnelligkeit des Autofokus-Systems durch diese Verzögerung wettgemacht wird oder nicht, soll im nächsten Normtest durch genaue Messungen geprüft werden.
Mit der automatischen Brennweitenvorwahl (ASZ) konnten wir uns nicht so recht anfreunden. Sie ist vielmehr die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Beim Blick in den Sucher wählt nämlich die Dynax 7xi automatisch eine Brennweite, die, so Minolta, "für eine gute visuelle Balance zwischen Hauptobjekt und Umgebung sorgt" - wie gut der Balanceakt gelingt, zeigen die Bilder mit ASZ und mit manueller Einstellung der Brennweite. Doch die überflüssigen Ausstattungsmerkmale einer High-Tech-Kamera zu benutzen, ist nicht primär eine Frage der Moral der Kamerahersteller, sondern der Selbstdisziplin des Fotografen. Auf jeden Fall ist es beruhigend zu wissen, daß die Kamera mehr Ausstattungsmerkmale besitzt, als man in einem Fotografenleben benutzen wird.

Fazit

Die Stärken der Dynax 7xi beginnen dort, wo die Möglichkeiten vieler Konkurrenzmodelle enden: Die fuzzygesteuerte Programmautomatik macht spezielle Belichtungsprogramme überflüssig und ist ohne manuelle Korrekturen in der Lage, schwierige Aufnahmesituationen zu meistern. Gelegentliche Ausreißer, die sich nicht immer schlüssig erklären lassen, fallen angesichts des ausgeklügelten Systems um so mehr auf. Das liegt in diesem Fall nicht allein an der Kamera, sondern auch an unserem neuen, rigorosen Prüfverfahren. Die Dynax 7xi wird, trotz kleiner Mängel, aufgrund ihrer ausgewogenen Gesamtleistung mit sehr gut**** bewertet. 

PRO UND KONTRA

Pro

ausgezeichnete Programmautomatik

kabellose TTL-Blitzsteuerung

großes AF-Feld

Einzelzuschaltung der AF-Sensoren

Multizonen- und Spot-Belichtungsmessung

Motiv-Übersichtsfunktion

Kontra

keine Gittereinblendung auf der Sucherscheibe

keine Abblendtaste (Schärfentiefe-lndikator unzureichend)

keine Belichtungsreihen-Automatik

keine Blitzsteuerung in PA- und PS-Funktion

vereinzelt leichte Tendenz zur Unterbelichtung

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