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Artikel

1997

Beratung

Die feinen, kleinen Kameras

Kaufberatung Minox 35

Mit Minox geht es wieder aufwärts, aber der letzte deutsche Kamerahersteller, der noch in einer populären Preisklasse vertreten ist, kämpft immer noch ums Überleben. Doch die Zeichen für die kleinen Sucherkameras stehen nicht schlecht. Immer mehr Fotografen suchen auch in der kleinen Klasse nach Alternativen zu Autofokus und Vollautomatik. Drei Minox 35 gibt es. Welche ist die richtige?

Früher waren sie erbitterte Konkurrenten, die Minox 35 GL und die Rollei 35 S. Die Rollei imponierte mit Ganzmetallgehäuse, Präzisionsmechanik und Zeiss-Objektiv, die Minox überzeugte durch Zeitautomatik und extrem kleine Ausmaße bei geringem Gewicht. Rollei hielt jetzt, nach acht Jahren Pause, die Zeit reif für eine Neuauflage der 35 S. Sie heißt Classic, tritt luxuriös im Platinkleid auf und kostet über 2000 DM. Die Minox 35 GL wurde kontinuierlich fortgeführt und verbessert und kostet als GT-E knapp 500 DM. Die beiden - abgesehen von der nicht vergleichbaren Leica M6 - einzigen verbliebenen Sucherkamerakonzepte trennen also preislich Welten, von der Philosophie her sind sie jedoch ähnlich.
Trotz notwendig gewordener Preiserhöhungen schneidet die Minox 35 GT-E also recht günstig ab. Weniger als 500 DM ist für eine technisch hochentwickelte Kamera eines renommierten Herstellers "Made in Germany" nicht zuviel. Außerdem kann der Minox-Interessent zwischen drei Kameras dieser Baureihe wählen.
Die klassische Minox heißt 35 GT. Sie kann inzwischen auf eine Produktionszeit von zehn Jahren zurückblicken und inzwischen als ausgereift gelten. Begonnen hat die Realisierung des Minox-Konzeptes von der kleinsten und leichtesten Kleinbildkamera der Welt 1974 mit der 35 EL. Eine Zeitautomatik kam den Benutzern solcher kleinen, handlichen Kameras sehr entgegen. Im entscheidenden Moment brauchte man nicht erst Zeit und Blende zeitraubend aufeinander abzustimmen, sondern war bei Vorwahl einer geeigneten Blende sofort schußbereit. Das Objektiv ist zusammen mit der ganzen Frontplatte versenkbar, was die Kamera taschenfreundlich macht. Fünf Jahre später, 1979, spendierten die Minox-Techniker ihrer mittlerweile zum erfolgreichen Modell avancierten Kamera einen Selbstauslöser und ein paar interne Verbesserungen, 1981 debütierte dann die GT mit Gegenlichttaste, die es quasi unverändert heute noch gibt und von Puristen als die einzig wahre Minox 35 angesehen wird, weil sie noch das mehrfach prämierte Urdesign der einstigen 35 EL aufweist.
Um die neuen Möglichkeiten, welche die Mikroelektronik inzwischen bot, zu nutzen und dem Wunsch vieler Kunden nach einer wirklichen Schnappschußkamera zu entsprechen, schufen die Gießener eine völlig neue Kamera auf der Basis der 35. Die 35 ML, als Spitzenmodell der Reihe, die damals noch die ausschließlich mit Programmautomatik operierenden Typen 35 PE und PL umfaßte, erschien 1985. Das Design der 35 ML mußte dem höheren Platzbedarf, der Modifikationen, die unter anderem auch eine Leuchtdiodenanzeige im Sucher umfaßt, Rechnung tragen. Die markante Gehäuseoberseite, bei der GT entfernt an das Dachkantprisma einer Spiegelreflexkamera erinnernd, wurde begradigt und büßte dadurch etwas an Originalität ein. Dafür hatte sie vor Erscheinen der GT-E 1987 den Status des Spitzenmodells inne und bietet außerdem dank Programmautomatik deutlich mehr Bedienungskomfort als die GT - bei gleichzeitiger Möglichkeit bewußter Bildgestaltung dank der zusätzlich angebotenen Zeitautomatik. Die Modelle GT und ML besitzen das gleiche vierlinsige Objektiv Color-Minotar mit der größten relativen Öffnung von 1:2,8 und der Brennweite von 35 Millimetern, die aufgrund ihres großen Schärfentiefenbereichs tolerant mit der Entfernungseinstellung umgeht. Die Naheinstellgrenze beträgt bei 35 GT und 35 ML 90 Zentimeter, bei der GT-E - deren blauschwarzer Gehäuse-Kunststoff mit roten Akzenten nicht unbedingt besser wirkt beträgt sie nur 70 Zentimeter. Außerdem besitzt die 35 GT-E ein eingebautes Skylightfilter, und die Linsen sind mehrschichtvergütet. Letzteres ist der größte Vorteil im Vergleich zur GT oder ML, denn zur ausgezeichneten Schärfenleistung gesellt sich noch eine stärker unterdrückte Reflexneigung, die den Kontrast bei Gegenlichtaufnahmen steigert. Gegenüber der GT erhielt die GT-E den verbesserten Filmtransport der ML und eine andere Energieversorgung. Statt der inzwischen recht altmodischen PX27 bezieht die GT-E den benötigten Strom aus zwei Lithium-Knopfzellen CR 1/3 N. Die ML ist gar mit einer 6-Volt-Lithium-Batterie ausgestattet.
Welche Minox also wählen? Größten Bedienungskomfort bei kleinsten Außenmaßen verspricht die 35 ML, die Programmautomatik paßt sehr gut zum Charakter der Kamera, die aufgrund ihrer konkurrenzlos kleinen Außenmaße geradezu animiert, unauffällig Schnappschüsse zu machen. Auch bildgestalterisch Ambitionierte kommen mit der 35 ML auf ihre Kosten. Die beiden GTs bieten gegenüber der ML die Vorzüge der Meßnadelanzeige im Sucher und des längeren Verschlußzeitenbereichs, der bis zu 30 Sekunden reicht. Wenn das traditionelle Minox-Design nicht unverzichtbar ist, sollte man der weiterentwickelten GT-E aufgrund ihrer mechanischen, optischen und elektronischen Verbesserungen den Vorzug geben. GT oder ML heißt letztlich die Wahl, zwei Kameras, die sich an verschiedene Zielgruppen wenden. Der Ambitionierte wird zur GT-E greifen, der Bequeme die 35 ML vorziehen. Die GT ist ein Klassiker von morgen, ein zeitloses Stückchen Minox, ähnlich unverwechselbar wie die Kleinstbild LX.

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