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Artikel

1997

Test & Technik

Neuheiten aus Amerika

PMA-Hits 1991

In Las Vegas, Amerikas Hauptstadt des Vergnügens, dem Treffpunkt der Glücksritter, Spieler, Abenteurer, der Reichen und der Schönen sowie ihrer Fan-Gemeinde traf sich die Fotobranche zur alljährlich stattfindenden PMA, der größten Fotomesse des Kontinents. COLOR FOTO berichtet über interessante Neuheiten.

Überschattet vom Golfkrieg öffnete am 21. Februar dieses Jahres die PMA, Amerikas größte Fotomesse, in Las Vegas ihre Tore. Äußerlich schien die Fotobranche die politische Situation zu ignorieren. Während hierzulande Fasching und Karneval ausfielen, wurde in Las Vegas weitergefeiert: "The show must go on!" Allen voran die Agfa Copal Corporation, die im noblen Bally's aus Anlaß ihrer nun schon über ein Jahr anhaltenden deutsch-japanischen Kooperation eine Super-Fete steigen ließ. Ricoh dagegen hat seine traditonelle PMA-Feier abgesagt. Mit dem gesparten Geld will man den am Golf stationierten Soldaten ein Sonderangebot machen. Die zurückgebliebenen Verwandten können im "Desert Storm Camera Programm" eine Ricoh-Kamera zum Sonderpreis erstehen. Ricoh übernimmt auch den Versand in das Kriegsgebiet, Agfa spendet den Film. Ansonsten bestimmte der Alltag das Geschäft. "Business as usual" lautete die Devise auf der PMA.

Die neue Nikon F-801s

Nahezu zeitgleich wurde in Deutschland und auf der PMA in Las Vegas eine verbesserte Version der Nikon F-801 vorgestellt - die Nikon F-801s.
Die F-801 AF kam im Frühjahr 1988 auf den Markt, und die technische Entwicklung auf dem Kamerasektor ging nicht spurlos an ihr vorüber. Während man auf die Spotmessung dank der hervorragenden Nikon-typischen Matrixmessung in den meisten Fällen getrost verzichten konnte, machte einem der recht laute und vor allem langsame Autofokus schon eher zu schaffen. Da half auch die Tatsache, daß er bis zu Lichtwert minus eins mißt und damit kerzenlichttauglich ist, wenig. Durch Änderung der zentralen Steuereinheit, des sogenannten CPU-Mikroprozessors in Verbindung mit dem objektivübertragenden ROM-IC, gelang es den Nikon-Ingenieuren, die Nikon F-801s in Sachen Autofokus-Schnelligkeit auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Der Prädiktionsautofokus der F-801 s sorgt sogar dafür, daß die Kamera bei der eingeschalteten Funktion Servo-Autofokus die Entfernungsveränderung eines bewegten Motivs noch im Moment des Auslösens vorausberechnen kann.
Über den Sinn der neu hinzugekommenen Spotmessung läßt sich streiten. Sicher, die F4 hat sie und die F-601 AF, das deutlich billigere Modell, hat sie auch, also darf sie bei der F-801 AF nicht fehlen. Doch drängt sich der Verdacht auf, daß die F-801 bei ihrem Erscheinen 1988 aus Nikon-ideologischen Gründen keine Spotmessung haben sollte. Schließlich sorgt das komplexe Matrix-Meßsystem selbst bei kontrastreichen Lichtverhältnissen für stets ausgewogene Belichtung. So ist die Spotmessung der Modelle F-601 und F-801s wohl weniger technische Notwendigkeit als vielmehr die vom Produktmarketing geforderte Bedingung, den Kundenwünschen Rechnung zu tragen, denn die Hauptkonkurrenten der Nikon F-801, ob Minolta Dynax 7000i, 8000i oder die EOS-Modelle 600 und 10, besitzen entweder Spot- oder Selektivmessung. Eine Kamera in dieser Preisklasse sollte tunlichst über diese Meßmethode verfügen, um der Konkurrenz kein Gegenargument an die Hand zu geben.
Die Tatsache, daß die F-801s nicht nur äußerlich eine echte F-801 geblieben ist, sondern auch deren innere Werte nicht verleugnet, beweist der Verzicht auf das eingebaute Blitzgerät und auf die automatische Belichtungsreihe. Letztgenanntes gibt es wie bisher in Verbindung mit der Multifunktionsrückwand MF-21, die unter anderem auch noch die Autofokusfalle beisteuert. Viele Fotografen schätzen an der F-801 auch die Vielseitigkeit der Energieversorgung. So können, je nachdem, entweder vier Mignon- oder vier Mikrozellen zum Einsatz kommen; wichtig ist aber vor allem die gewährleistete Verwendbarkeit von NC-Akkus. Die 601 AF setzt dagegen auf die in dieser Klasse ebenso verbreitete wie teure Lithiumbatterie 2CR5. Auch sonst blieb die Nikon F-801 mit "s" ganz die alte. Das Herz ihrer hochentwickelten Technik ist zweifellos der Hochgeschwindigkeitsverschluß mit der realisierbaren kürzesten Zeit von 1/8000 Sekunde und der dynamischen Blitzsynchronzeit von 1/250 Sekunde - Werte, die bei der Präsentation der Kamera Maßstäbe setzten und seither nur von der Nikon F4, der Canon EOS- I, der Minolta Dynax 8000i und der Contax RTS III erreicht wurden. Den schnellen Motor mit einer maximalen Transportfrequenz von 3,3 Bildern pro Sekunde hat die F-801s ebenfalls von ihrem Vorgängermodell übernommen. Auch andere Nikon-typische Merkmale in dieser Kameraklasse - wie der Brillenträgerfreundliche High-Eyepoint-Sucher und die schnell begreifbare, logische Bedienung mit griffigem Einstellrad - machen die F-801 s aus.
Nikon widerstand erfreulicherweise der Versuchung, die F-801 völlig umzukrempeln. Dies hätte einen hohen Publicity-Effekt gehabt, wäre aber sicherlich an den Bedürfnissen der Fotografen vorbeigegangen. Stattdessen nutzte man bei Nikon die Chance, eine sehr gute Kamera gezielt weiter zu verbessern, ohne sie zu dicht neben die F-601 AF, die eine andere Zielgruppe anspricht, zu plazieren.
Auch die Preissteigerung von rund 200 DM verlief erfreulich moderat. Die Kamera kostet jetzt - in s-Ausstattung und mit Standardobjektiv AF-Nikkor 1,8/50 mm - rund 1400 DM.

Canon EOS 1000F

Nachdem Tennis-As John McEnroe die Canon EOS 1000 zum Foto-As des Jahres machte, soll kein geringerer als Andre Agassy nun die Zweitausgabe mit eingebautem Blitz, die Canon EOS 1000 F, zur Nummer I im Spiegelreflexgeschäft machen. Die in Amerika mit der Bezeichnung Rebell S vertriebene Autofokuskamera besitzt wie die EOS 10 einen unter der Prismenhaube verborgenen Blitz, der - falls es die Lichtverhältnisse erfordern auf Knopfdruck aufspringt. Auch mit eingebautem Blitz ist die EOS 1000 F neben der EOS 1000 die leichteste Kleinbild-Spiegelreflexkamera mit Autofokus der Welt und die kleinste im Canon-EOS-Programm.
Gleichzeitig nimmt die Canon EOS 1000F für sich in Anspruch, die schnellste Autofokuskamera ihrer Klasse zu sein. Drei Autofokus-Betriebsarten erlauben die optimale Anpassung der automatischen Scharfstellung der Kamera an die jeweilige Aufnahmesituation. One-Shot- und AI-Servo-Autofokus mit Vorausberechnung der Bewegungsgeschwindigkeit und Richtung des anvisierten Objekts sowie die automatische Umschaltung von der einen Betriebsart zur anderen sind die Leistungsmerkmale des ebenso präzisen wie schnellen Scharfstell-Systems dieser Kamera. In Situationen, die keinen Autofokus ermöglichen, kann die EOS 1000 F auch manuell scharfgestellt werden. Für die Belichtung stehen dem Fotografen vier Motivprogramme - Sport und Action, Porträt, Landschaft und Nahaufnahmen - zur Verfügung. Für allgemeine Aufnahmen, frei von technischen Überlegungen, besitzt die EOS 1000 F - wie ihr Schwestermodell, die EOS 1000 - das "Grüne Zone"-Programm, mit dem die Kamera abhängig von den Lichtverhältnissen und dem verwendeten Objektiv Blende und Verschluß automatisch steuert.
Wer selbst mit Verschlußzeit oder Blende gestalten möchte, der hat zusätzlich zu den vier Motivprogrammen und dem "Grüne Zone"-Programm fünf weitere Belichtungsautomatiken zur Auswahl. Die bequemste davon ist die intelligente Programmsteuerung der EOS 1000 F. Sie schlägt eine den Lichtverhältnissen und der gewählten Brennweite entsprechende Kombination von Verschlußzeit und Blende vor, die der Fotograf nach seinen eigenen Absichten bequem zugunsten einer kürzeren Verschlußzeit und größeren Blende oder umgekehrt shiften kann. Bei Zeitautomatik bestimmt der Fotograf durch Vorwahl der Blende die Tiefenwirkung des Bildes, während durch die ebenso zur Verfügung stehende Blendenautomatik sich bestimmen läßt, mit welcher Verschlußzeit welcher Effekt erzielt werden soll. Für exakte Vorausbestimmung des Schärfenraums ohne lange Rechenaufgaben dient das einzigartige Schärfentiefeprogramm von Canon. Individuelle Effekte durch gezielte Unter- oder Überbelichtungen lassen sich bei manueller Belichtungssteuerung realisieren, die selbstverständlich bei der EOS 1000 F ebenfalls zur Verfügung steht. Auch die Blitzbelichtung mit Canon-EOS-Systemblitzgeräten wird automatisch von der Kamera gesteuert.
Der eingebaute Blitz wird manuell durch Knopfdruck aktiviert. Sein Blitzwinkel entspricht dem eines 35-mm-Objektivs. Die Blitzsynchronzeit wird zwischen 1/60 und 1/125 Sekunde ebenfalls automatisch vom Belichtungsprogramm der Kamera gewählt.
In speziellen Lichtsituationen, bei ungewöhnlichem Reflexionsverhalten des Motivs oder zur Erzielung besonderer Effekte kann die Belichtungsautomatik in den Betriebsarten Programm-, Zeit- und Blendenautomatik auch um +/- 2 Blendenstufen korrigiert werden.
Die Belichtungsmessung der Canon EOS 1000 F verwendet ein Dreifeld-Meßsystem. In den Betriebsarten, die kreative Eingriffe des Fotografen ermöglichen, kann auf Selektivmessung umgeschaltet werden.
Auch Mehrfachbelichtungen oder Aufnahmen mit Selbstauslöser sind möglich. Die Filmempfindlichkeit wird bei DX-Dekodierung-Kodierung im Bereich von ISO 25/15xGRADx und 5000/38xGRADx automatisch eingelesen. Sie kann im Bereich von ISO 6/9xGRADx bis 6400/39xGRADx auch manuell eingestellt werden. Der Film wird automatisch eingefädelt und nach Schließen der Rückwand ganz aus der Patrone gezogen. Nach jeder Aufnahme wird das belichtete Bild in die Patrone zurückgespult, so daß "bei versehentlichem Öffnen der Rückwand nur der noch nicht belichtete Teil des Films, aber keine Aufnahme verdorben wird.

Das Ei des Olympus

Die Kamera ist ein Geniestreich. Ungeheuer klein, handlich, schön und obendrein noch leicht zu bedienen, kann man der Olympus [mju:]-1 schon jetzt einen Riesenerfolg prophezeien, zumal sie auch noch eine andere, nicht ganz unwichtige Bedingung erfüllt: Der Preis geriet erstaunlich moderat. Nur rund 300 DM wird sie kosten, wenn es sie ab April im Handel gibt. Das pfiffige und dabei elegante Design, die abgerundeten Kanten und die aufschiebbare Frontklappe Elemente, die wir schon von der Olympus XA her kennen.
Galten Olympus XA und Minox 35 in der Disziplin Kompaktheit noch als Nonplusultra des technisch Machbaren, so haben sich die Maßstäbe inzwischen deutlich verschoben. In der XA steckte noch konventionelle Technik - ein elektronisch gesteuerter Zentralverschluß mit Programmcharakteristik oder Zeitautomatik wurde mit einer manuellen Scharfeinstellung kombiniert, der Filmtransport erfolgte mittels Daumenreibrad an der Rückseite der Kamera.
Der Fortschritt in der Mikroelektronik nutzt fast die exakten Maße der einstigen XA, um sie mit zeitgemäßem Bedienungskomfort auszufüllen. Das bedeutet in erster Linie: Infrarotautofokus, motorischer Filmtransport mit automatischer Filmrückspulung, eingebautes Blitzgerät und sogenannter Realbildsucher, der das naturgetreue Sucherbild einer Spiegelreflexkamera vermittelt. Die Kamera wiegt mit ihren 170 Gramm rund 50 Gramm weniger als eine Olympus XA und ist deutlich kompakter, wenn man fairerweise den adaptierbarer A-ll- oder gar A-16-Blitz der XA berücksichtigt, denn schließlich hat die neue Olympus ein eingebautes Blitzgerät. Die Namensgebung der neuen Olympus-Kompaktkamera spielt unmißverständlich auf ihr größtes Talent an, nämlich auf ihre beeindruckende Winzigkeit. mju - gesprochen [mü] und benannt nach einem griechischen Buchstaben, der sich englisch wiederum [mju:l ausspricht - ist das mathematische Zeichen für ein Mikrometer, das entspricht einem tausendstel Millimeter. Nun, ganz so winzig. daß man die neue Olympus [mju:]-1 nur unter 100facher mikroskopischer Vergrößerung erkennt, ist sie zwar nicht, aber die Übertreibung darf als zulässig gelten, verhalf sie der Kamera doch zu einer originellen Typenbezeichnung, die sich sogar für sprachlich Unkundige in Lautschrift auf der Frontklappe wiederfindet.
Trotz der extrem kompakten Außenmaße braucht sich der Fotograf nicht mit technischen Primitivitäten herumzuschlagen. Sicher, das Objektiv mit den Kenndaten 3,5/35 mm könnte lichtstärker und vier- statt dreilinsig sein, doch jeder, der das Triotar in der Rollei 35B noch kennt, wird wissen,
zu welch enormer Abbildungsqualität Dreilinser fähig sind, zumal das Triotar hier durch einen 100-Stufen-Autofokus unterstützt wird, der die Genauigkeit der Scharfeinstellung extrem steigert. Außerdem handelt es sich um einen dreistrahligen Infrarotautofokus, damit auch außerhalb der Bildmitte befindliche Motive scharf abgebildet werden.
Damit sind die Talente des Objektivs noch keinesfalls erschöpft. Die Kamera fokussiert bis zur kürzesten Einstellentfernung von nur 35 Zentimetern; das reicht, um ein Motiv in der Größe eines DIN-A4-Blattes formatfüllend aufzunehmen.
Die neue Olympus wartet nicht nur mit einem eingebauten Blitz auf, wie es in dieser Kameraklasse längst üblich ist. Dieser Blitz ist ein besonderer, meistert er doch immerhin vier wichtige Funktionen. Zunächst einmal arbeitet er, wie seine ganz normalen Kollegen, im von Olympus "Auto-Blitzprogramm" genannten Modus. Bei schwachem Licht und bei hohem Motivkontrast wird der Blitz automatisch zugeschaltet. Letzteres vermeidet beispielsweise abgedunkelte Gesichtspartien bei Gegenlichtaufnahmen. Weil er wegen der geringen Höhe der Kamera direkt über dem Objektiv sitzt, ist natürlich die Gefahr roter Augen in besonderem Maße gegeben. Deshalb gibt es bei der [mju:]-1 die Auto-S-Blitzfunktion. Bei ihr wird vor der eigentlichen Blitzaufnahme eine Sequenz von schwachen Vorblitzen ausgesendet, die
dazu führen, daß sich die Pupillen der abgelichteten Person verengen. Erst danach tritt der Hauptblitz in Aktion, der das Motiv korrekt aufleuchtet. Um auch die längeren Verschlußzeiten des von 1/500 Sekunde bis zu 1/15 Sekunde reichenden Zeitenbereichs des programmierten Zentralverschlusses sinnvoll einsetzen zu können, kann man auch verhindern, daß sich der Blitz automatisch zuschaltet. Als Aufhellblitz wird der Blitz unabhängig von der jeweiligen Helligkeit bei jeder Aufnahme zugeschaltet, auch wenn der Motivkontrast den für die automatische "Fill-in"-Funktion maßgeblichen Wert noch nicht erreicht hat.
Eine durchaus angenehme Überraschung bietet der Sucher: Statt des sonst üblichen, recht abstrakten Leuchtrahmen-Durchblicks brilliert die neue Olympus mit einem Sucherbild, das an Spiegelreflexkameras erinnert. Ein Lichtblick, wie diese große, kleine Kamera insgesamt. Olympus bewies mit seinem jüngsten Produkt wieder einmal besonderes Geschick im Konstruieren kleiner Kameras. Die [mju:]-l führt würdig die Tradition der Olympus-Miniaturen fort, die mit der PEN-Spiegelreflex begann und über OM-1 und XA zur [mju:]-1 gelangt. Daß beim forcierten Drang zur Kompaktheit auch noch ein überaus gefälliges Design abfiel, dürfte die Chancen auf einen großen Verkaufserfolg nicht gerade mindern.

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