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Artikel
1997
Beratung
Interessantes Außenseiter Phenix JG 301
Phönix aus der Asche
Noch vor fünfzehn Jahren existierte eine Handvoll kompakter Meßsucherkameras, meist kamen sie aus Japan. Da gab es die Olympus-RD-Reihe, die Canon-Canonet-Kameras und die Highmatic von Minolta. Diese Kameras erfreuten sich in der Präautofokus-Ära großer Beliebtheit. Heute gibt es so etwas nur noch aus China und heißt Phenix JG 301.
In der griechischen und römischen Mythologie ist der Feuervogel Phönix Symbol des sich selbst erneuernden Lebens. Er verbrennt sich, um wenig später wieder aus seiner Asche aufzuerstehen. Ähnlich geht es auch der chinesischen Kamera namens Phenix, kürzlich auferstanden aus den Scharen kompakter Meßsucherkameras, die in den siebziger Jahren vom aufkommenden Autofokus verdrängt wurden.
Heute gilt eine Meßsucherkamera als etwas vornehm Seltenes. Dabei denkt jeder an die Leica M6, einigen fällt die Mamiya 6 ein. Beide genannten Kameras sind jedenfalls recht teuer und untermauern damit die Exklusivität dieses althergebrachten technischen Prinzips mit dem Meßfleck im Sucher. Der Meßfleck heißt, technisch präziser ausgedrückt, Mischbildentfernungsmesser und ist in der Lage, über drehbare Spiegel, die mit dem Entfernungseinstellring am Objektiv gekuppelt sind, eine Doppelkontur des Motivs zu entwerfen, die bei korrekter Scharfeinstellung zu einer Linie verschmilzt.
Die chinesische Phenix huldigt diesem eleganten Prinzip und kostet nur rund 300 Mark. Damit ist sie der letzte Vertreter einer einst verbreiteten, heute aber ausgestorbenen Gattung. Bei näherer Bekanntschaft entpuppte sich die Phenix als echte Alternative zu den modernen AF-Kompakten. Präzises Scharfstellen ist dank des hellen Meßsuchers kein Problem; die Ausmaße des Olympus-RD-Zwillings sind zierlich, und außerdem kann die Kamera mit einigen technischen Leckerbissen aufwarten. Sie bietet ein in dieser Klasse einmaliges hochlichtstarkes Objektiv 1:1,8/38 mm. Es handelt sich dabei um einen mehrschichtvergüteten Sechslinser. Die Belichtungssteuerung erfolgt automatisch. Der Fotograf wählt die Verschlußzeit des Copal-Zentralverschlusses vor, und die Kamera bildet auf mechanischem Wege die passende Blende, die dem Fotografen über eine Meßnadelanzeige im Sucher signalisiert wird.
Ganz ohne Batterie geht es bei der Phenix freilich nicht - die CdS-Meßzelle über dem Objektiv braucht Energie, die sie aus einer 1,35-Volt-Batterie bezieht. Wie ihre einstigen japanischen Vorbilder verfügt die Phenix auch über eine Blitzblendenautomatik. Der Fotograf wählt die Leitzahl des Blitzgeräts am hinteren Objektiveinstellring die Kamera bildet dann automatisch Synchronzeit und Blende.
Die neuerliche Begegnung mit dieser seltenen Kamerabauart weckte keine nostalgischen Gefühle, dafür wirkt die Phenix zuwenig edel, und dafür ist sie vor allem zu zweckmäßig. Bei unseren Probeaufnahmen überzeugte der chinesische Nachbau durch hervorragende Bildqualität, die nicht nur von der Leistung des Sechslinsers, sondern auch von der präzisen Scharfstellmöglichkeit mit Hilfe des Mischbildentfernungsmessers profitiert. Hinsichtlich der Verarbeitungsqualität darf man keine japanischen Maßstäbe anlegen. Eine gewisse Fertigungs-Nonchalance ist bei den etwas ungleichmäßigen Gravuren festzustellen. Ist die Phenix mit knapp 300 Mark günstig? Im Prinzip nein, weil es für das Geld schon ausgewachsene SLR-Kameras (Seagull DF-300, Zenit 12 XP) gibt. Für eine Rarität, die unbeschwertes Fotgrafieren mit hochwertigen optischen und mechanischen Komponenten erlaubt, ist die Phenix aber preiswert zu nennen.
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