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Artikel

1997

COLOR FOTO SPEZIAL AUTOFOKUS

Autofokus-Entwicklung

Was lange währt ...

Mitte der sechziger Jahre wurde die Technik der Spiegelreflexkameras das erste Mal ein großes Stück weitergebracht: Asahi Pentax stellte die Spotmatic vor, mit der die TTL-Belichtungsmessung möglich ist. Mitte der siebziger Jahre wurde die TTL-Messung auf Blitzlicht ausgeweitet: Olympus präsentierte die OM-2. Der dritte große Schritt erfolgte Mitte der achtziger Jahre: Die Minolta 7000 bot eine ausgereifte Schärfenautomatik. Wir rekonstruieren die Entstehung und die Entwicklungsphasen der Autofokussysteme.

Was ein gutes Bild ist darüber läßt sich eigentlich nicht streiten, und doch geschieht eben dies oft und heftig. Was ein technisch gelungenes Bild ist, darüber gibt es dagegen keine Diskussionen - die Belichtung muß stimmen, und das Hauptmotiv muß scharf sein.
Die Schärfe wird bei der herkömmlichen Spiegelreflexkamera nach Augenmaß eingestellt. Der Scharfstellring des Objektivs wird solange gedreht, bis das vom Objektiv über den Spiegel auf die Mattscheibe projizierte Bild scharf erscheint. Einstellhilfen wie Mikroprismen oder auch Schnittbildkeile helfen zwar, zwischen scharf und unscharf zu unterscheiden, dennoch ist diese Art der Fokussierung nicht der Weisheit letzter Schluß. Besonders Fehlsichtigkeit des Fotografen führt immer wieder zu unscharfen Fotos, obwohl das Sucherbild optimale Schärfe versprach.
So ist es kein Wunder, daß die Kamerakonstrukteure immer wieder nach Wegen suchen, die Schärfe von einer Automatik einstellen zu lassen, die zuverlässig zwischen Schärfe und Unschärfe trennen kann.

Correfot - die Leica-Variante

Eine Vorreiter-Stellung bei der Suche nach der automatischen Scharfstellung in SLR-Systemkameras nimmt Leitz Wetzlar (heute: Leica) ein. Die Leica-Meßsucher-Kameras bieten mit ihren Mischbild-Entfernungsmessern ein Optimum an Fokussiergenauigkeit. Die SLR-Modelle aus Wetzlar sind dagegen mit Mikroprismen, ab der SL 2 auch mit einem Schnittbildkeil versehen. Sie sind daher genauso gut zu fokussieren wie alle anderen Spiegelreflexkameras auch.
Bereits zur photokina 1976 existiert jedoch das Demonstrationsmodell einer Leica SLR-Kamera, die dem Fotografen per Leuchtzeichen den Weg zu scharfen Bildern weist.
Das sogenannte Correfot-System - unter diesem Namen ist es auch zum Patent angemeldet - beruht auf der Pupillenteilung. Ein Teil des vom Objektiv kommenden Lichts fällt durch den teildurchlässigen Hauptspiegel auf einen Sekundärspiegel und wird von diesem zur Meßeinrichtung im Boden der Kamera gelenkt. Durch die Größe des teilweise lichtdurchlässigen Spiegelsegments wird das Meßfeld vorgegeben, das - wie bei allen späteren AF-Systemen auch - in der Mitte des Sucherbildes angeordnet ist.
Anders als bei späteren Systemen ist in die Schärfenautomatik der Leica ein bewegliches Element eingebaut. Eine schwingende Rasterscheibe läßt Licht aus der oberen beziehungsweise aus der unteren Pupillenhälfte auf die paarweise angeordneten Fotoempfänger fallen. Wenn beide Fotoempfänger identische Signale registrieren, ist das Objektiv scharfgestellt.
Beim ersten Modell von der photokina 1976 muß die Scharfstellung noch manuell erfolgen. Zur nächsten photokina - also 1978 - kann diese Aufgabe bereits ein Elektromotor übernehmen, der die Aufnahmeeinheit aber zu unhandlicher Größe anwachsen läßt. Dies und Probleme mit einer adäquaten Stromversorgung führen dazu, daß Leitz zwar beweist, daß Autofokus möglich ist, daß die Fotowelt jedoch auf eine praxistaugliche Schärfenautomatik für SLR-Kameras weiter warten muß.

Kompaktkameras - zwei von vielen

Ganz ähnlich verläuft die Entwicklung bei den Kompaktkameras. Schon zur photokina 1963 (damals fand die Weltmesse der Fotografie noch jährlich statt) zeigt Canon eine AF-Sucherkamera, die aber nie auf den Markt kommt. Das Objektiv jener AF-Kamera durchfährt von unendlich kommend den Einstellbereich und bleibt stehen, sobald die Schärfe erkannt wird.
Erst vierzehn Jahre später - also 1977 - stellt Konica mit der C 35 AF die erste Autofokuskamera vor, die tatsächlich auch den Ansprüchen des Fotoalltags gerecht wird. Die Konica bringt zwar einen Stein ins Rollen, ist aber hinsichtlich des Autofokussystems letztendlich doch kein Trendsetter. Konica hat die AF-Technik von der US-amerikanischen Firma Honeywell übernommen. Deren passives Visitronic-System basiert auf dem Prinzip alter Mischbildentfernungsmesser. Die Bilder eines feststehenden und eines beweglichen Spiegels werden überlagert. Solange diese Bilder nicht übereinstimmen, ist das Objektiv noch nicht scharfgestellt.
Entscheidet beim normalen Mischbildentfernungsmesser das Auge, ob noch Doppelkonturen vorhanden sind, oder nicht, so tut dies beim Visitronic-E-Messer ein Elektronik-Baustein. Da auch das Objektiv im Visitronic-System motorisch bewegt wird, funktioniert die Scharfstellung ganz ohne menschliches Zutun.
Die Zukunft gehört bei den Kompaktkameras jedoch einem anderen System. Canon stellt 1980 mit der AF 35 M ein aktives Autofokussystem vor. Ein Infrarotstrahl wird von einer hell leuchtenden LED, die sich bewegt, zum Motiv geschickt. Der reflektierte Lichtstrahl wird
von einer Meßzelle in der Kamera wieder aufgefangen. Daran, wie der empfangene Lichtfleck auf einer Sensorzeile liegt, erkennt die Kamera Schärfe oder Unschärfe und steuert das Objektiv entsprechend. Dabei kann sie ruhig ein wenig danebenliegen, denn das 35-mm-Weitwinkelobjektiv der kleinen Canon gleicht Einstellfehler durch die große Ausdehnung der Schärfenzone wieder aus.

Polaroid SX-70 Sonar - lautlos in die Schärfe

Der Sprung von der Konica aus dem Jahre 1977 zur Canon des Jahres 1980 hat eine interessante, wenn auch für späteren AF-Kameras folgenlose Entwicklung außen vor gelassen. Der Sofortbild-Riese Polaroid bringt 1978 die Klapp-Spiegelreflexkamera SX-70 Sonar auf den Markt. Für den Autofokus der SX-70 Sonar wurden Schallwellen verwendet.
Das Prinzip des Sonar-Autofokus: Die für das menschliche Ohr nicht hörbaren Schwingungen werden von einem großen Sender oberhalb des Objektivs ausgesandt, und in diesem Moment beginnt die Auswertungselektronik, die ablaufende Zeit zu zählen. Kommt nun der Reflex des Signals zurück, so ermittelt die Kamera aus der inzwischen vergangenen Zeit die Entfernung und damit auch die korrekte Fokussierung.
Während die Kompaktkamera AF 35 M mit einem aktiven Autofokussystem ausgestattet ist, setzt Canon an anderer Stelle auf ein passives System.

AF-Objektive - Autofokus ohne Kamera

Das Canon-AF-Objektiv FD 4/35-70 mm wird zur photokina 1980 vorgestellt und kommt 1981 tatsächlich auf den Markt. Der große Renner wird dieses AF-Zoom aber nicht, und es teilt damit das Schicksal aller anderen Objektive mit eingebauter AF-Einrichtung (Chinon 3,3-4,5/35-70 mm, Olympus 4/35-70 mm, Ricoh 1,8/50 mm, Vivitar 3,5/200 mm).

Pentax ME-F - Start mit kleinen Fehlern

Zur Jahreswende 1981/82 wird die erste AF-Spiegelreflex-Systemkamera vorgestellt. Sie gelangt im Frühjahr 1982 in die Schaufenster der Fotohändler. Die Pentax ME-F bietet dieselbe Technik wie die Pentax ME super - also Zeitautomatik, manuelle Zeitenwahl über Tipp-Tasten, eine LED-Anzeige im Sucher sowie einen ansetzbarer Winder -, hat darüber hinaus aber auch noch eine Autofokus Einrichtung eingebaut.
Die Schärfenbestimmung erfolgt mit Objektiven, die eine Lichtstärke bis 1:5,6 aufweisen durch Kontrastvergleich im Kameragehäuse. Im Sucher zeigen rote LED, ob das Objektiv auf zu kurze oder zu lange Entfernungen fokussiert ist, eine grüne LED signalisiert "Schärfe ok". Damit steht für eine Vielzahl von Objektiven mit K-Bajonett (und Über den K-Adapter auch für M42-Objektive) eine elektronische Scharfstellhilfe zur Verfügung.
Nur einem einzigen Objektiv wird aber aus der elektronischen Scharfstellhilfe ein echter Autofokus, der jedoch - sowohl von der Einstellsicherheit bei wenig Licht und wenig Kontrast als auch von der Handhabung her - noch nicht völlig ausgereift erscheint. Das Zoomobjektiv SMC Pentax AF 2,8/35-70 mm ist mit einem Fokussiermotor ausgestattet, der zwar über Kontakte im Bajonett gesteuert wird, aber über einen der beiden Auslöser am Objektivgehäuse aktiviert werden muß. Auch die Energieversorgung drei 1,5-Volt-Batterien des Typs AAA- ist im Objektiv untergebracht, das dadurch nicht eben zierlich ausfällt.

Canon AL-1 ein halber Schritt

Im Sommer 1982 unternimmt Canon einen weiteren Schritt Richtung Autofokus. War das bereits erwähnte 35-70er ein AF-Objektiv ohne AF-Kamera, so ist die neue Canon AL-1 eine AF-Gehäuse ohne AF-Objektiv, das heißt die AL-1 ist mit einem passiven Schärfenmeßsystem ausgestattet, das über drei LED im Sucher den Fotografen über Scharfe und Unschärfe informiert. Fokussiert werden muß hier jedoch manuell. "Quick Focus" nennt man bei Canon diese Art der Einstellhilfe, auf die sich der Fotograf nicht unbedingt verlassen muß. Die Einstellscheibe ist fein mattiert. Wer langer mit dieser Kamera arbeitet, stellt irgendwann fest, daß er auf der Mattscheibe scharfstellt und die grüne LED nur noch nutzt, um sich von der Richtigkeit seiner Entscheidung nochmals zu überzeugen.
Die Schärfenautomatik arbeitet mit drei CCD-Zeilen, die im Boden der Kamera untergebracht sind. Über einen Hilfsspiegel, der Huckepack am großen Rückschwingspiegel hängt, wird Licht aus der Bildmitte nach unten gelenkt und dann über einen Dreifach-Strahlenteiler den CCD-Zeilen zugewiesen. Dadurch sieht jede CCD-Zeile das Motivdetail, das mit dem Meßfeld in der Suchermitte anvisiert wird. Allerdings empfängt jede Zeile ein unterschiedlich scharfes Bild. Nur wenn die scharfe Abbildung auf der mittleren der drei Zeilen festgestellt wird, ist das Objektiv scharfgestellt, was die grüne LED im Sucher anzeigt.

Contax 137 AF - die Zukunft in der Schublade

Im Herbst des selben Jahres 1982 - findet in Köln wieder die photokina statt. Autofokus für Spiegelreflexkameras ist erneut ein Thema, über das man spricht, diesmal allerdings nicht
bei Leitz. Zwar hat man weiter über das Correfot-System nachgedacht und es auch weiterentwickelt, aber noch überwiegen die Probleme, wenn es um die Alltagstauglichkeit geht. Und um die Leica-Gemeinde nicht zu verunsichern, bleibt die Autofokus-Schublade diesmal zu.
Autofokus-SLR-Kameras werden dagegen bei Contax/Yashica, Nikon und Olympus vorgestellt - wenn auch teilweise nur in Wort und Bild.
Die Contax 137 AF macht dabei den besten Eindruck, der allerdings in der Praxis nicht überprüft werden kann. Der voll funktionsfähige Prototyp bleibt unter Verschluß. Das komplette Autofokus-Meß- und Steuersystem hat seinen Platz im handlichen Gehäuse - also auch der Steuermotor. Die Objektive des Musters - ein Carl Zeiss Planar 1,7/50 mm sowie ein 35er und ein 135er- zeigen bereits einige der Merkmale vieler späterer AF-Objektive; so ist die Entfernungsskala in einem schmalen Fenster zu sehen, der Fokussierring ist schmaler als gewohnt und im Bajonett ist - zusätzlich zu den Elektronikkontakten eine Kupplung für die Kurbelwelle des AF-Motors untergebracht. Ansonsten bietet die Autofokus-Contax einen eingebauten Motor (bei manueller Rückspulung) und Zeitautomatik mit Meßwertspeicher.

Nikon F3 AF - der erste Autofokus-Profi

Die Nikon F3 AF, über die zur photokina 1982 auch geredet wird und die 1983 auf den Markt kommt, ist eine Variante der bereits bekannten und etablierten Profikamera F3.
Das Autofokussystem ist im AF-Sucher DX-1 zu finden, der mit einer fest angesetzten Einstellscheibe versehen ist. In der Mitte der Einstellscheibe ist das AF-Zielfeld durch vier Winkel angegeben. Das von hier kommende Licht wird über einen Strahlenteiler, einen Infrarotfilter, einen weiteren Strahlenteiler, zwei Zwischenlinsen sowie zwei Umlenkspiegel zu zwei Silizium-Fotodioden geleitet. Nach Art eines Schnittbildentfernungsmessers wird dann festgestellt, ob die "Bilder" auf den Dioden gegeneinander verschoben sind. Wenn ja, wird im Sucher die Drehrichtung des Fokussierrings durch einen von zwei roten LED-Pfeilen angezeigt. Sobald scharfgestellt ist, leuchten beide Pfeile. Wenn Fokussieren mangels Licht oder Kontrast nicht möglich ist, wird dies durch ein rotes "x" signalisiert. Auch diese Anzeigen finden im Sucher statt. Da die Nikon F3 eine Systemkamera ist, kann man diese elektronische Scharfstellhilfe jeder F3 (außer der F3 P) aufsetzen.
Zur echten Autofokuskamera wird dagegen die F3 AF, wenn sie mit dem DX-1 und einem der beiden AF-Objektive ausgerüstet ist. Zusätzliche Kontakte zwischen Sucher und Kamera einerseits und zwischen Kamera und Objektiv andererseits leiten die Kommandos für die automatische Scharfstellung weiter. Sie wird von Motoren in den Objektiven vorgenommen, die im Gegensatz zu anderen motorisierten Objektiven recht schlank und immer noch sehr handlich sind. Es handelt sich um ein 80-mm-Porträtobjektiv und ein 200-mm-Tele (!), was auf das Vertrauen schließen läßt, das man bei Nikon in die Sicherheit des AF-Systems hat.
Später kommt ein AF-Konverter hinzu, der es möglich macht, auch lichtstarke MF-Objektive - mindestens 1:1,2 - automatisch scharfzustellen).
Ebenfalls zur photokina 1982 stellt Olympus die OM-30 vor, die - wie die Canon AL-1 - keine echte Autofokus-Kamera ist. Auch in der OM-30 weisen zwei rote Pfeile dem Fotografen die Drehrichtung des Fokussierrings, damit er schnell und sicher zu scharfen Bildern gelangen kann. Ein grüner Punkt zeigt Schärfe an.

Olympus OM-30 - doppelt gemoppelt

Dieses "Zero-In"-System kann allerdings zu einem Autofokussystem ausgebaut werden, wenn das AF-Objektiv 4/35-70 mm an die Kamera angesetzt und mit Hilfe des "In-Focus-Trigger"-Kabels mit ihr verbunden wird. Das Zoom trägt eine komplette Schärfenautomatik in sich, zu der auch ein Fokussiermotor gehört. Wenn beide Systeme - das der Kamera und das des Objektivs - gekoppelt werden, bietet die OM-30 kompletten Autofokus-Komfort, sogar mit Schärfenfalle.

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