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1998

BERATUNG Kaufberatung

Canon EF-M gegen Nikon F-601M 

Die Hybriden kommen

Für Autofokus-Muffel haben die Kamerahersteller Canon und Nikon eine neue Rezeptur entwickelt: Kameras, die zwar genauso modern- sind wie ihre Autofokus-Geschwister, sich aber nur manuell fokussieren lassen. Die Canon EF-M und die Nikon F-601M sind Vertreter dieses neuen Trends.

Die Trennung zwischen Manual-Fokus- und Autofokuskameras kommt bei der neuen Zwittergeneration sichtbar und auch funktional abhanden; sie wirken so, als hätte man bei ihnen den Autofokus vergessen. Das Rezept lautet wie folgt: Man nehme das Grundgehäuse und die Belichtungsfunktionen einer Autofokuskamera, variiere geringfügig deren Ausstattungsmerkmale und statte sie mit Objektiven aus der Autofokus-Palette aus, die dann an der Kamera manuell fokussiert werden. Während man bei Nikon selbstverständlich das altbewährte Bajonett beibehielt und damit dem Käufer der Nikon F-601 M die Möglichkeit offenläßt, auch die traditionellen Nikkore zu verwenden, ist die Canon EF-M - wie der Name schon sagt - wegen des neuen Bajonetts auf die EF-Objektive zur EOS-Serie angewiesen.
Trotz ihrer Eignung für die traditionellen Al-S-Nikkore sehen wohl auch die Nikon-Marketingstrategen - wie es der Prospekt beweist - die F-601M lieber mit den AF-Nikkoren. Diese sind auch, verglichen mit den konventionellen, intern Al-S genannten Objektiven, wesentlich billiger. Rund 300 Mark Unterschied zwischen dem AF 2,8/28 mm (zirka 380 Mark) und dem Al-S-Objektiv 2,8/28 (etwa 680 Mark) sprechen als repräsentatives Beispiel eine deutliche Sprache. Aber für den Mehrpreis gibt es auch noch weniger Leistung: Programmautomatik, Blendenautomatik und Matrixmessung sind mit der Kombination F-601M plus AI-S-Objektive nicht möglich. Es spricht also nichts dafür, als Systemeinsteiger die AI-S-Obiektive für die F-601M zu wählen.
Gerade weil der Interessent für diese Art von Kameras ein nennenswertes Preisbewußtsein an den Tag legen dürfte, gehören beide Modelle, sowohl die Nikon F-601 M als auch die Canon EF-M, zu den Einsteigerkameras des jeweiligen Systems. Mit dem Standardobiektiv EF 1,8/50 mm Il kostet die Canon rund 500 Mark, die Nikon F-601 kommt mit dem AF Nikkor 1,8/50 mm auf etwa 70( Mark, ist also 200 Mark teure, als die Canon, zugleich aber 20( Mark billiger als die Autofokus Version Nikon F-601 AF.
Abgesehen von der Bestückung mit AF-Objektiven (für das FD-System steht jetzt nur noch die Canon T60) zeichne sich die Canon EF-M, wie schor die EOS 1000, durch ein hervor ragendes Preis-Leistungs-Verhältnis aus, das den Mitbewerbern zu schaffen macht. Für knapp 500 Mark erhält der EF-M-Käufer quasi eine deutlich vereinfachte EOS 1000.
Die Canon EF-M bietet das gleiche Drei-Zonen-Belichtungsmeßsystem wie ihre Autofokus-Schwester und wartet ebenfalls mit Selektivmessung, mit Meßwertspeicherung und mit de' mittenbetonten Integralmessung auf. Allerdings lassen sich diese lobenswert vielfaltigen Meßmethoden nicht unabhängig mit jeder Belichtungsfunktion kombinieren. In der Einstellung Pro Grammautomatik kann der Fotograf zwischen Drei-Zonen-Messung und Selektivmessung mit Meßwertspeicherung wählen bei Zeit- sowie Blendenautomatik schaltet die Kamera automatisch auf die mittenbetonte Integralmessung um. Es besteht auch hier die zusätzliche Option der Selektivmessung. Die Drei-Zonen-Messung steht bei diese' Einstellung nicht zur Verfügung.

Sogar manuell

Eine Override-Belichtungskorrektur erlaubt außerdem eine Manipulation von plus/minus zwei Lichtwerten.
Gemessen am Preis ist man mit dem Ausstattungsumfang der Canon EF-M dank ihrer vielseitigen Meßmethoden und umfangreichen Belichtungsprogramme bestens bedient. Besonders lobenswert für eine Kamera dieser Preisklasse ist die manuelle Einstellmöglichkeit von Zeit und Blende. Sogar der Neuling in der Hobbyfotografie kann mit dieser Kamera Schritt für Schritt dazulernen, ohne gleich nach einem halben Jahr wieder in die Verlegenheit zu kommen, sich eine neue, mehr Möglichkeiten bietende Kamera kaufen zu müssen.
Die Nikon - ohne Spotmessung
Daß die 200 Mark Mehrpreis, den die Nikon F-601M kostet, nicht allein für das Nikon-Image anzulegen sind, sondern sich vor allem in einem höheren Ausstattungsumfang niederschlagen, wird beim Fotografieren schnell deutlich - auch wenn der Verzicht auf eine Selektiv- oder Spotmessung als einziger Wermutstropfen die Freude über die F-601M trübt. Denn die Matrixmessung erfordert - so genial sie auch ist vom Fotografen einiges an Konzentration für den wirkungsvollen Einsatz. Nicht umsonst hat das Zwillingsmodell F-601AF zusätzlich die Spotmessung zu bieten. Als Alternative für unproblematische Objektive mit normalem Kontrastumfang steht bei der F-601M ebenfalls noch die altbewährte mittenbetonte Integralmessung zur Verfügung. Alle Belichtungsmeßarten sind unabhängig vom Belichtungsprogramm frei wählbar.
Bei der Beurteilung der Belichtungsmeßsysteme beider Kameras ergeben sich keine großen Unterschiede, gleichmäßig und korrekt belichtete Bilder gelingen mit der Canon und der Nikon. Die gelegentlich vorhandene subjektive Vorliebe für die Selektivmessung der Canon wird durch den geringfügig größeren Meßbereich der Nikon (EV 0 bis 19 statt EV 2 bis 20 wie bei der Canon) wieder ausgeglichen. Bei den Belichtungsfunktionen hat die Nikon deutlich die Nase vorn. Erstens, weil der automatische Arbeitsbereich des Verschlusses von 1/2000 Sekunde bis zu immerhin dreißig Sekunden reicht - bei der Canon EF-M von 1/2000 bis zwei Sekunden -, und zweitens, weil die Nikon-Programmautomatik variabel ist. So gibt es das Action-Programm, bei dessen Wahl der Kamera-Mikrocomputer die Brennweite des angesetzten Objektivs berücksichtigt und kurze Verschlußzeiten bevorzugt. Daneben gibt es das Normalprogramm und die Programm-Shift-Funktion, die besonders wichtig ist, weil der Fotograf damit gezielt Zeit- und Blendenwerte mit Hilfe des zentralen Einstellrads verändern kann.
Das Matrix-Meßsystem, das ein Motiv in fünf Segmente unterteilt und diese blitzschnell nach Maximalhelligkeit und nach Kontrastumfang auswertet, erweist sich auch für schwierige Belichtungssituationen mit hohen Kontrasten in der Praxis als sehr zuverlässig. Trotzdem kann es Situationen geben, in denen der Fotograf lieber manuell über die Override-Funktion eingreift. Die Belichtungskorrektur reicht von LW -5 bis LW +5 in Drittel-Blendenstufen und zeigt sich damit differenzierter als das Canon-Pendant. Natürlich erlaubt auch die Nikon F-601M eine Meßwertspeicherung, und zwar mit Hilfe eines griffigen Schiebeschalters rechts vom Sucherokular.
Wer trotz all dieser Hilfen immer noch auf der Suche nach der optimalen Belichtung ist, der kann zudem noch automatische Belichtungsreihen mit drei oder fünf, jeweils um Drittelstufen voneinander abweichenden Aufnahmen machen. Während die vielfältigen Funktionen der Nikon F-601M ein gerüttelt Maß an Bedienungselementen mit sich bringen, die fraglos gut angeordnet sind, dominiert bei der Canon EF-M eher schlichte Symmetrie.

Wählen per Scheibe

Sehr dominant sind bei der Canon EF-M an der Kameraoberseite zwei gleich große griffige Wählscheiben angeordnet eine steuert die Verschlußzeit, die zweite die Blende. Beide Wählscheiben bieten eine Automatikstellung "A"; in Stellung "L" ist die Kamera abgeschaltet, bei der Markierung "ISO" kann die Filmempfindlichkeit auch von Hand eingestellt werden. Dreht der Fotograf beide Wählscheiben auf "A", so wird die Programmautomatik aktiviert. Die Blendenautomatik schaltet sich ein, wenn das Blendenrad auf "A" steht, die Zeitautomatik reagiert auf das Drehen des Zeitenrads auf "A". Ist "A" auf keiner der beiden Wählscheiben eingeschaltet, so greift der manuelle Abgleich von Zeit und Blende. Diese genial einfache Bedienungsmethode macht die EF-M für Anfänger wie geschaffen; es ist nach Meinung des Autors das beste System, das je in einer Einsteiger-Spiegelreflexkamera zu finden war.
Im Gegensatz zur Nikon F-601M verzichtet die Canon EF-M auf einen LCD-Monitor. Sie beschränkt sich darauf, die wichtigsten Aufnahmedaten im Sucher über eine Flüssigkeitskristallanzeige zu signalisieren.
Auch beim Filmtransport ist die Canon EF-M für eine Überraschung gut. Nach Vorbild der "Drop-in"-Kameras von Fuji und der EOS 700 aus eigenem Hause spult die Kamera den Film nach dem Einlegen ganz heraus und dann Bild für Bild wieder in die Patrone ein. Maximal läßt sich die recht langsame Bildfrequenz von einem Bild pro Sekunde erzielen. Die Nikon F-601 M bringt es auf zwei Belichtungen in der gleichen Zeit, wenn "CH" - wie "Continuous High" - gewählt wurde; bei "CL" ("Continuous Low") sind es 1,2 Bilder pro Sekunde.
Obwohl es in Konzeption und Ausstattung durchaus Gemeinsamkeiten zwischen der Canon EF-M und der Nikon F-601M gibt, so präsentieren sie sich, nach eingehender praktischer Anwendung, letztlich als zwei Kameras von stark unterschiedlichem Charakter.
Die Canon EF-M ist wegen ihrer - gemessen an der Preisklasse - üppigen Ausstattung und wegen ihres genial einfachen Bedienungssystems die ideale Spiegelreflexkamera für Anfänger und Einsteiger, die eine gleich teure Kompaktkamera in jeder Hinsicht in den Schatten stellt und durch den Verzicht auf Autofokus als pädagogisch wertvoll zu bezeichnen ist. Die Nikon F-601M hat mehr zu bieten als die Canon EF-M und wendet sich in erster Linie an Fotografen, die eine möglichst umfangreiche und moderne Ausstattung hinsichtlich der Belichtungsprogramme und Belichtungsmeßarten bevorzugen. Die etwa 900 Mark Mehrpreis schlagen sich bei der F-601M in handfestem Gegenwert nieder. Trotzdem wird so mancher F-601M-Fotograf sicher über kurz oder lang das "AF" vermissen, das den fortschrittlichen Charakter der Kamera noch unterstreicht und nur zirka 200 Mark mehr kostet. Zwischen der F-601AF einerseits und der Nikon FM2 Tür die wirklich Konservativen andererseits angesiedelt, bleibt der F-601M wenig Spielraum.

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