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Artikel

1998

Beratung

Interessante Außenseiter: Rolleiflex 3003

Anders als die anderen

Als Bestseller wird man die Rolleiflex 3003 wohl kaum bezeichnen können, dafür ist sie zu unkonventionell. Sie bewies aber, daß es durchaus reizvoll sein kann, ein Mittelformatkonzept auf Kleinbild zu übertragen.

Auch heute, sieben Bahre nach ihrem Debüt, kann die Rolleiflex 3003 noch gefallen - vor allem, wenn sich der Fotograf sich dazu entschließt, Emotionen und Vorurteile fallen zu lassen. Das erste Vorurteil, das bei einer sachlichen Auseinandersetzung aus dem Weg geräumt werden muß, lautet, die Rolleiflex 3003 sei teuer. Sicher, ein Preis von rund 3200 Mark für die komplette Kamera samt Planar 1,8/80 mm, Wechselmagazin, Ladegerät und NC-Akku ist nicht eben wohlfeil zu nennen. Aber man bekommt auch allerhand für das Geld geboten, was es sonst nirgendwo gibt. Die Kombination Lichtschachtsucher plus Fernrohrsucher ist ebenso einzigartig wie die Möglichkeit, während einer Aufnahmeserie Filmempfindlichkeit und Filmart zu wechseln. In die Verlegenheit, einmal den falschen Film in der Kamera zu haben, kommt man bei der 3003 nicht, wenn man die zusätzliche Ausgabe von 425 Mark für ein zweites Wechselmagazin nicht scheut. Außerdem besitzt die Kamera einen integrierten Motor, der in der Serienbildschaltung immerhin drei Bilder pro Sekunde transportiert. Günstig ist auch der zwangsläufige Akku-Betrieb der 3003, der die Betriebskosten senkt und die Umwelt schont.
Gemessen an den High-Tech-Kameras von heute präsentiert sich der Ausstattungskomfort der Rolleiflex 3003, abgesehen von ihren einmaligen Tugenden nicht gerade üppig. aber für das Wesentliche wurde gesorgt. Es fällt nicht schwer, der Rolleiflex edle vernünftige Ausstattung zu bescheinigen, die dem engagierten Fotografen mehr dient, als eine Überfrachtung mit Spielereien.
Die Zeitautomatik der 3003 kommt bildgestalterischen Ambitionen besonders zugute, weil hier die Schärfentiefe als Gestaltungsmittel, nicht zuletzt dank der arretierbaren Abblendtaste noch geschätzt wird. Auf TTL-Blitzlichtmessung braucht der 3003-Fotograf ebensowenig zu verzichten wie auf einen Meßwertspeicher, der, geschickt eingesetzt, eine Spotmessung ersetzen kann, zumal die Meßcharakteristik der Rolleiflex 3003 von Haus aus selektiv ausgelegt wurde und damit die Bildmitte stark betont. Der Metallamellen-Schlitzverschluß verfügt über einen ordentlichen Arbeitsbereich von 1/2000 Sekunde bis zu vollen sechzehn Sekunden.
Mit Ausnahme der etwas ungeschickt plazierten Meßwertspeicherung fällt beim Umgang mit der 3003 die logische und konsequent durchdachte Bedienung auf: Der Sucher ist noch kein Quell der Reizüberflutung, neben Verschlußzeit und Blende wird nur noch das nötigste über LEDs angezeigt. Die Abbildungsqualität des Zeiss-Planars 1,8/50 mm setzt übrigens immer noch Maßstäbe.
Die neuerliche Begegnung mit der Rolleiflex 3003 zeigt wieder einmal, daß sie von ihrer Kompromißlosigkeit nichts eingebüßt hat. Wer sich mit ihr anfreunden kann, und das ist angesichts der zahlreichen sinnvollen Ausstattungsdetails nicht schwer, besitzt eine ungewöhnliche Kamera, deren zeitloses Konzept immer noch Zukunft hat.

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