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Artikel
1998
Test & Technik Normtest
Contax G1 gegen Leica M und Leica Mini Zoom
Contax zieht den Kürzeren
Daß die Leica-M-Obiektive eine Klasse besser als die Zeiss-Objektive für die Contax G1 sind, wird keinen überraschen, denn sie sind auch eine Klasse teurer. Daß aber sogar das Leica Vario-Elmar 35-70 mm, das samt Leica Mini Zoom 550 Mark kostet, bei 45 mm und bei 70 mm Brennweite besser ist als das Zeiss Planar 2/45 mm und Zeiss Sonnar 2,8/90 mm, kann trotz unterschiedlicher Anfangsöffnungen als Sensation gelten.
Die Krise in der Kameraindustrie setzt bei einigen Herstellern offenbar neue Kräfte frei. So auch bei Yashica/Kyocera, wo man die Contax G 1 wohl als Antwort auf die Leica M6 konzipiert hat. Die Contax-Novität hat in gut informierten Insiderkreisen schon im Vorfeld der photokina für Furore gesorgt; die G1 hat jede Menge Vorschußlorbeeren geerntet. Dagegen fielen in der COLOR FOTO-Redaktion schon die ersten praktischen Versuche mit der neuen Kamera eher ernüchternd aus. Das Autofokussystem und die manuelle Scharfeinstellung wurden als Schwachpunkte erkannt, der Suchereinblick dämpfte weitere Erwartungen, und die Bildergebnisse waren alles andere als berauschend. Das stand im Widerspruch zur allgemeinen G1-Euphorie und zur begeisterten Nachfrage nach dieser neuen Contax mit den Zeiss-Objektiven. Ein Normtest der Kamera sowie der Objektive war daher dringend erforderlich, um die Diskussion um die G1 durch unzweifelhafte Messungen zu versachlichen.
Obwohl sie unterschiedliche Kamerakonzepte verkörpern und in verschiedenen Preisklassen angesiedelt sind, sprechen die Leica M6 und die Contax G1 vor allem anspruchsvolle Fotografen an, die eine hochwertige Systemsucherkamera mit Wechselobjektiven ihr eigen nennen möchten. Die Namen Leica und Zeiss als Objektivhersteller wecken hohe Erwartungen hinsichtlich der Abbildungsqualität der Optiken. Daher gilt der erste Vergleich der Abbildungsleistung der drei Zeiss-Objektive für die Contax und der drei vergleichbaren Leica-M-Brennweiten. Hinzugezogen wurde auch der Sieger aus den Kompaktkamera-Tests, und damit, wie es der Zufall will, das Leica Vario-Elmar 4-7,6/35-70 mm der Leica Mini Zoom. Aufgrund
unterschiedlicher Anfangsöffnungen und geringer Brennweitenunterschiede ist zwar kein hundertprozentiger Vergleich möglich. Es ist aber dennoch auch für den Fotografen interessant zu wissen, ob beispielsweise das Zoomobjektiv der Leica Mini Zoom bei Brennweite 45 mm nicht etwa ähnlich gut ist wie das 45er Zeiss Planar.
Der eigentliche Vergleich gilt aber freilich folgenden Testpaaren, die sowohl von der Brennweite als auch von der Anfangsöffnung her direkt miteinander vergleichbar sind: Carl Zeiss Biogon T* 2,8/28 mm gegen Leica Elmarit-M 2,8/28 mm, Carl Zeiss Planar T* 2/45 mm gegen Leica Summicron-M 2/50 mm, Carl Zeiss Sonnar T* 2,8/ 90 mm gegen Leica Elmarit-M 2,8/90 mm. Eindeutige Sieger der Vergleichstests sind die drei Leica-M-Objektive, die eine tadellose Abbildungsleistung aufweisen und das COLOR FOTO Prüfsiegel für hervorragende optische Leistung erhalten. Die drei Zeiss-Objektive zeigen sowohl in der Bildmitte als auch am Bildrand eine etwas schwächere Abbildungsleistung als die jeweiligen Leica-M-Objektive.
Die Bewertung der Abbildungsleistung der Zeiss-Objektive als "schwächer" bezieht sich aber nur auf den direkten Vergleich mit den Leica-M-Objektiven, denn insgesamt erreichen die Zeiss-Objektive ein hohes Niveau, obwohl im einzelnen Schwächen bei offener Blende und ein mitunter recht großer Randabfall festzustellen sind.
Das beste G1-Objektiv ist das Zeiss Sonnar T* 2,8/90 mm, das zwar deutlich hinter dem Leica Elmarit-M 2,8/90 mm liegt, aber dennoch so gut ist, daß es ebenfalls das Normtest-Prüfsiegel erhält. Die eigentliche Testsensation ist aber die Tatsache, daß das Leica Vario-Elmar 35-70 mm, das samt Leica Mini Zoom 550 Mark kostet, bei den Brennweiteneinstellungen 45 mm und 70 mm besser ist als das Zeiss Planar 2/45 mm und das Zeiss Sonnar 2,8/90 mm. Natürlich hinkt der Vergleich etwas, weil andere Anfangsöffnungen und zwischen 70 mm und 90 mm auch ein geringer Brennweitenunterschied vorliegen. Festhalten muß man aber dennoch, daß ein Leica-Zoomobjektiv einer 550 Mark teuren Kompaktkamera besser zentriert ist als zwei Festbrennweiten von Zeiss für die Contax G1 und, vom Blendenunterschied abgesehen, auch eine bessere Abbildungsleistung bringt.
Der Normtest-Bewertung liegen auch diesmal - wie üblich nur die Meßergebnisse bei unendlich zugrunde. Weil aber die Zeiss-Objektive in der Praxis vor allem im Nahbereich etwas flaue und nicht ganz scharfe Dias lieferten, haben wir zusätzliche MTF-Messungen bei einer Entfernungseinstellung von 2 Metern durchgeführt, wobei die Meßwerte aber bei der Punktewertung nicht berücksichtigt wurden. Während die drei Leica M-Objektive kaum einen Leistungsabfall zeigen, fällt die Abbildungsleistung der drei Zeiss-Objektive im Nahbereich deutlicher ab, das 28er und das 45er erreichen vor allem bei offener Blende und im Randbereich MTF-Werte von unter 30 Prozent, was unsere flauen G1-Dias erklärt.
Daß wir aber auch mit vielen G1-Aufnahmen auch bei größeren Aufnahmeentfernungen nicht restlos zufrieden waren, liegt vermutlich an der automatischen Scharfeinstellung. Die Genauigkeit des Autofokussystems der Contax G1 läßt nämlich zu wünschen übrig, wie unsere Normtest-Messungen ergaben. Vor allem im Nahbereich tangiert die Abweichung bereits den Bereich der Schärfentiefe.
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